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Pro-russische Äußerungen in der AfDGrünes Licht für Olga Petersen

Die Hamburger AfD-Führung hat die Abgeordnete Olga Petersen wegen eines prorussischen Interviews abgemahnt. Zu unrecht, entschied das Schiedsgericht.

Vor dem Zerwürfnis: Olga Petersen, Krzysztof Walczak, Alexander Scholz und Dirk Nockemann (l-r) 2020 Foto: dpa | Frank Molter

D as Recht auf freie Meinungsäußerung gilt in der AfD auch für deren parlamentarische Vertretungen. Der Hamburger Bürgerschaftsfraktions- und Landesvorsitzende Dirk Nockemann und der Parlamentarische Geschäftsführer und Landesvize Krzysztof Walczak hatten die Bürgerschaftsabgeordnete Olga Petersen abgemahnt, weil sie dem russischen Staatssender „Rossija 1“ ein prorussisches Interview gegen hatte. Diese Abmahnung der Hamburger AfD-Führung sei unzulässig, erklärte jüngst das parteiinterne Landesschiedsgericht.

In der Entscheidung des Schiedsgerichts, die der taz vorliegt, führt der Vorsitzende aus: „Ein Verbot außenpolitischer Äußerungen von Parteimitgliedern, gegen das die Antragstellerin nach Auffassung des Antragsgegners verstoßen habe, besteht nicht.“

Nockemann und Walczak hatten Petersen vorgehalten, am 7. Februar bei „Rossija 1“ nicht bloß aufgetreten zu sein. Auch die zu eindeutigen Aussagen störten sie.

In dem kurzen Interview mit dem staatseigenen Kanal warnte Petersen den Kreml, sich nicht auf die Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu verlassen, keine Kampfflieger an die Ukraine zu liefern. Denn zu Beginn des Krieges habe die Bundesregierung noch jede Einmischung abgelehnt. Petersen beklagte auch, dass Deutschland sich unabhängig von Erdgas aus Russland machen wolle. Das Interview fand große mediale Beachtung in Deutschland.

Die Hamburger AfD möchte nicht mit radikalen Formulierungen auffallen

Auf sieben Seiten erklärt der Landesvorstand, dass die Bürgerschaftsabgeordnete nicht die Befugnis habe, sich zu „außenpolitischen Angelegenheiten“ zu äußern. Solche Äußerungen würden allein der AfD-Delegation im Europäischen Parlament und der AfD-Fraktion im Bundestag zustehen, hieß es in der Abmahnung, die der taz ebenfalls vorliegt. Es ist eine formale Argumentation gegen Petersen, die in der Fraktion nicht unumstritten ist. Zu rechts ist die 1982 im sibirischen Omsk Geborene, zu nahe steht sie Höcke und Co.

Die Kritik verdeutlicht die Hamburger Beschlusslage: Auf dem Landesparteitag am 5. Februar 2023 beschlossen die Mit­glie­der eine Resolution, in der sie ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland und eine Reparatur der Nord-Stream-Pipelines zur Erdgasversorgung forderten.

In der Abmahnung wurde auf eine E-Mail vom 26. 9. 2022 von Alice Weidel und Tino Chrupalla verwiesen, in der sich die beiden Bundesvorsitzenden über „Prioritäten“ und Äußerungen von AfD-Mitgliedern zu außenpolitischen Themen auslassen. Die Hamburger Führung interpretierte ihre Aussage als „Verbot“. Diese Interpretation teilt das Schiedsgericht nicht. „Der E-Mail vom 26.09.2022 von Frau Weidel und Herrn Chrupalla (…) kann allein von ihrer Form keine Anordnung oder Regelung eines Verbots von Äußerungen von Parteimitgliedern zu außenpolitischen Fragen entnommen werden; sie ist lediglich eine Feststellung.“

Der Erfolg von Petersens Widerspruch dürfte die Beziehung zu Nockemann und Walczak nicht entspannen. Ihrem Antrag auf Widerruf und Entfernung der Abmahnung aus allen Unterlagen des Antragsgegners folgte das Schiedsgericht jedoch nicht, denn das Gericht könne „nicht über Leistungsklagen entscheiden“.

Der Konflikt spiegelt vor allem eine Ambivalenz. Im Osten bezieht die AfD im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine eine offen prorussische und anti-amerikanische Position, im Westen weniger. Kritik an der Nato wird im Osten ebenfalls lauter angeschlagen. Die Hamburger AfD möchte bei dieser Thematik nicht mit radikalen Formulierungen auffallen, will sie doch bürgerlich konservativ erscheinen.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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1 Kommentar

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  • Also skandalös finde ich das Interview nur bedingt. Da ist man von der AFD sonst mehr skandalöses erwähnt. Nicht desto trotz ist Meinungsfreiheit (auch in Bezug auf die Ukraine) wichtig weshalb die Entscheidung gutzuheißen ist.