orte des wissens: Mehr Arbeit, mehr Vernetzung
Das Kieler Zentrum für Gesundheitsrecht ist ein Verbund für interdisziplinäre Wissenschaftskommunikation. Ein eigenes Budget hat es nicht
Gemeinsam auf dringende Fragen des Gesundheitssystems antworten und Interessierten eine Plattform geben: Dieser Aufgabe stellen sich die Wissenschaftler*innen des Zentrums für Gesundheitsrecht an der Universität Kiel. Sie forschen zu Nachhaltigkeit im Gesundheitssystem, Organspenden und der elektronischen Patientenakte.
Rechtswissenschaftler*innen haben das Zentrum 2020 gegründet. „Wir hatten das Gefühl, dass wir unsere Expertise besser organisieren und nach außen zeigen können“, sagt der Jurist Sebastian Graf von Kielmansegg. So soll das Wissen der einzelnen juristischen Lehrstühle – und darüber hinaus – verbunden werden. Von Kielmansegg nennt das säulenübergreifende Zusammensetzung: „Wir machen viele verschiedene Sachen: Familienrecht, Strafrecht, ich mache Forschungsrecht.“ Bei Letzterem gehe es um die medizinische Forschung am Menschen. „Das ist ja eine heikle Sache, die sehr komplex reguliert ist. Da purzeln unendlich viele Fragen heran“, sagt er. Eine dieser Fragen hat ihn gerade beschäftigt: Können Ehegatten einwilligen, dass der andere im Rahmen seiner Behandlung in die klinische Forschung aufgenommen wird?
Überhaupt umfasst das Gesundheitsrecht eine breite Themenpalette. Sie reicht von den Folgen von Operationsfehlern bis zum Infektionsschutzrecht. „Es ist ein wichtiger Teil des Lebens jedes Einzelnen“, sagt von Kielmansegg. „Und ein wichtiger Wirtschaftszweig: Wie viel Geld steckt eine Gesellschaft in ein Gesundheitssystem? Oder doch lieber in das Bildungssystem?“ An der Forschung habe sich durch das Zentrum nichts geändert – sie werde nun aber gebündelt und bilde eine Plattform für Fragen des Gesundheitsrechts.
Große Projekte gebe es zwar nicht, aber durch Veranstaltungsreihen wolle man eine breite Fachöffentlichkeit erreichen, sagt von Kielmansegg. Das Hauptziel sei, regelmäßige Veranstaltungen zu organisieren – gemeinsam mit Akteur*innen aus allen Bundesländern. Die letzte Veranstaltung der Reihe „Nachhaltigkeit und Medizin“ war im März: „Das Gesundheitswesen ist ein großer Emittent, zum Beispiel was die Krankenhäuser angeht.“ Mindestens genauso wichtig sei die Frage, „wie man ein Gesundheitssystem so aufbaut, dass auch die nachfolgende Generation es noch in funktionierender Weise vorfindet“, sagt er. Für diese Reihe kooperierte das Zentrum mit der medizinischen Fakultät.
Diese Zusammenarbeit ist sinnbildlich für die Interdisziplinarität des Zentrums: „Das Gesundheitsrecht knüpft ganz natürlich an andere wissenschaftliche Disziplinen an“, sagt von Kielmansegg. Man habe einen engen Bezug zu den Mediziner*innen, wenn man mit ihnen ins Gespräch komme. „Das sind durchaus verschiedene Welten, aber das ist ja einer der Zwecke des Ganzen und gelingt auch ganz gut“, sagt er.
Sebastian von Kielmansegg, Lehrstuhl für Medizinrecht an der Universität Kiel
Im Jura-Studium können Studierende einen Schwerpunkt wählen. Gesundheitsrecht zählt schon länger zu den Angeboten der rechtswissenschaftlichen Fakultät. „Es gibt nicht wenige Kanzleien, die sich damit beschäftigen. Wer Medizinrecht machen will, kommt da gut unter“, sagt von Kielmansegg.
Abolvent*innen können außerdem im Gesundheitsrecht promovieren. Dafür bietet das Zentrum ein Doktorandenkolloquium an. „Wir haben eine ganze Reihe an gesundheitsrechtlicher Doktoranden, die sich vorher nicht kannten, weil sie an verschiedenen Lehrstühlen waren. Das können wir jetzt viel besser organisieren.“ Für herausragende Arbeiten verleiht das Zentrum zudem in Kooperation mit einer Kanzlei einen Förderpreis. Das Zentrum selbst hat kein eigenes Budget. Von Kielmansegg sagt: „Einstweilen ist es eine kostenneutrale Geschichte. Wir arbeiten einfach alle ein bisschen mehr.“ Nina Spannuth
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