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England wendet sich von den Konservativen ab

Niederlage für die Regierungspartei bei Kommunalwahlen. Es gewinnen Labour, Liberale und Grüne

Aus London Daniel Zylbersztajn-Lewandowski

Bei den Regional- und Kommunalwahlen in weiten Teilen Englands am Donnerstag haben die regierenden Konservativen massive Verluste erlitten. Sie mussten fast 1.060 Sitze und die Kontrolle über 48 Kommunalregierungen abgeben. Bei den Wahlen, die nahezu überall, jedoch nicht in den Städten London und Birmingham stattfanden, punkteten Labour, Li­be­ral­de­mo­kra­ten und Grüne.

Premierminister Rishi Sunak gab zu, dass das Ergebnis der Wahl enttäuschend gewesen sei, aber er werde bei seinem Fünfpunkteplan bleiben: die Inflation halbieren, die Wirtschaft zum Wachstum bringen, die Schulden verringern, die Wartezeiten im Gesundheitssystem verkürzen und die Bootsüberquerungen im Ärmelkanal stoppen. Ob er aber die Ruhe in seiner Partei bewahren kann, ist fraglich.

Labour gewann eine Mehrheit in 71 Gemeinden, ein Plus von 22, darunter in manchen west­englischen und südostenglischen Regionen zum ersten Mal seit über 20 Jahren, aber auch in nordenglischen ehemaligen Brexithochburgen wie Stoke-on-Trent. Wahl­ex­per­t:in­nen sind sich einig, dass der Zusammenhang zwischen Brexitausrichtung und Parteiloyalität, der den Konservativen in den letzten Jahren nützte, nicht mehr zieht: Einstige Brex­it­wäh­ler:in­nen trauen sich wieder, Labour zu wählen.

Zum ersten Mal seit der Tony-Blair-Ära ist Labour nun auf kommunaler Ebene die stärkste Kraft in England. Ob das bei den nächsten Parlamentswahlen 2024 zur absoluten Mehrheit reichen könnte, darüber wird gestritten. Auch ist nicht klar, inwiefern es sich bei verlorenen Tory-Stimmen um Protest gegen die Politik der letzten Jahre oder um einen tatsächlichen Rutsch hin zu anderen Parteien handelt und wie sich die beachtlichen Erfolge der Grünen und Li­be­ral­de­mo­krat:in­nen auch in Parlamentsmandate umsetzen lassen.

Kommunalpolitisch gewannen die Li­be­ral­de­mo­kra­t:in­nen 29 Kommunen und Re­gio­nen mit bisheriger konservativer Mehrheit dazu. Parteiführer Ed Davey behauptete, die LibDems könnten 2024 Regierungsmitglieder wie Finanzminister Jeremy Hunt, Bauminister Michael Gove und sogar Ex-Premierministerin Theresa May in ihren Wahlkreisen besiegen.

Die Grünen haben ihre kommunale Präsenz verdoppelt. Sie konnten Mid Suffolk im Südosten Englands erobern und übernehmen damit zum ersten Mal regionale Regierungsverantwortung. Streit über ein neues Industriegelände in der ländlichen Region, neue Stromleitungen und das neue AKW Size­well C waren hier Faktoren.

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