Wenn die AfD zur Gewalt greift

Opferverbände klagen über Angriffe durch AfD-Kommunalpolitiker

Von Konrad Litschko

Ende März war der Schkopauer AfD-Gemeinderat und Kreistagsabgeordnete Sven Ebert in Sachsen-Anhalt verurteilt worden. Der Grund: Im Mai 2021 soll er zwei Frauen mit Pfefferspray attackiert haben, denen er vorwarf, ein AfD-Plakat besprüht zu haben. Einer soll er auch ins Gesicht und in den Bauch getreten haben. Sechs Monate auf Bewährung bekam er dafür. Schon zuvor war Ebert verurteilt worden, weil er in einer Mensa in Halle zwei Studierende mit Pfefferspray angegriffen hatte, die ihn beschimpft haben sollen.

Laut Dachverband der Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt ist der Übergriff kein Einzelfall. In einer Übersicht, die der taz vorliegt, warnt dieser, dass sich Angriffe durch AfD-Politiker:innen „besorgniserregend“ häuften. Eine konkrete Zahl wird nicht genannt, aber mehrere drastische Beispielfälle sind aufgelistet. Keine andere Partei habe „ein derartig großes Potential an rechten Gewalttätern in den eigenen Reihen wie die AfD“, notiert der Verband.

Polizeizahlen zu dieser Frage existieren nicht. Die Parteizugehörigkeit von Tatverdächtigen wird in der Kriminalstatistik grundsätzlich nicht erfasst, sagte ein BKA-Sprecher der taz. Die Opferberatungsstellen aber verweisen etwa auf den Berliner AfD-Bezirksverordneten Kai Borrmann, der eine Musikjournalistin beleidigt, geschlagen und gebissen hatte und zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro verurteilt wurde. Oder auf den früheren Brandenburger AfD-Kreistagsabgeordneten Marcel Donsch, der 2015 mit drei Komplizen einen Mann gefesselt und verprügelt haben soll. In Freiburg hatte der frühere AfD-Gemeinderatskandidat Robert H. zwei Jugendliche mit Reizgas attackiert, als diese ihn einen „Fascho“ nannten. Als ein älteres Ehepaar dazwischen ging, wurde auch dieses besprüht, dem Mann stach der Angreifer ein Messer in die Brust. Der Paderborner AfD-Mann Mirko F. schlug 2021 die Linken-Bundestagskandidatin Martina Schu bei einer Gegenkundgebung zu einer AfD-Veranstaltung gegen den Kopf. Der sächsische AfD-Mann Daniel Zabel wurde 2022 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er als JVA-Bediensteter mit Kollegen im Jahr 2018 Häftlinge aus rassistischen Motiven misshandelt haben soll. Und in Freiburg hatte der frühere AfD-Stadtrat Dubravko Mandic einen Radfahrer mit einer Zange geschlagen, der einschreiten wollte, als Mandic zwei Personen festhielt, denen er unterstellte, AfD-Plakate beschädigt zu haben.

Robert Kusche von der sächsischen Opferberatung RAA warnt davor, die Gefahr durch gewaltbereite AfD-Mitglieder zu unterschätzen. Die Täter seien oft bürgerliche, ältere Männer, die nicht dem Klischee rechter Gewalttäter entsprächen. Die Angegriffenen fühlten sich aber umso mehr eingeschüchtert und im Stich gelassen, gerade angesichts der starken Zustimmung zur AfD im Osten.