CDU hält an AfD-Fan fest

Die Berliner CDU zögert, Angelika Barbe auszuschließen. Eigentlich wollte sie schon 2021 ein Verfahren gegen die einstige Bürgerrechtlerin einleiten, nachdem diese zur Wahl der AfD aufgerufen hatte

Von Matthias Meisner

Mehr als eineinhalb Jahre nachdem sie zur Wahl der AfD aufgerufen hat, ist die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe immer noch Mitglied der Berliner CDU. Das damals von der Partei angekündigte Parteiausschlussverfahren stagniert. Eine Anfrage der taz zu Parteiordnungsmaßnahmen gegen Barbe ließ die Berliner CDU seit Montag unbeantwortet.

Als die taz im März 2022 nachgefragt hatte, verwies der zuständige Neuköllner Kreisverbandsvorsitzende Falko Liecke an den Landesverband der CDU Berlin. Heute sagt Liecke: „Das Verfahren liegt beim Parteigericht und ich habe keinen aktuellen Stand.“

Kurz vor der Bundestagswahl 2021 hatte Barbe in Sachsen zur Wahl der AfD aufgerufen, die aus ihrer Sicht im Vergleich zur CDU „die deutlich bessere Wahl“ wäre. Die Berliner CDU hatte Barbe damals den Austritt nahegelegt – und ihrerseits ein Parteiausschlussverfahren angekündigt. Bis heute ohne Ergebnis. Sie wisse noch nichts über konkrete parteiinterne Konsequenzen, erklärte Barbe im März 2022 auf Anfrage der taz: „Sie halten es möglicherweise unter dem Radar. Ich gehe nicht freiwillig.“ Am vergangenen Wochenende erklärte sie auf erneute taz-Anfrage, die Berliner CDU schweige weiter. „Inzwischen ist meine damalige Corona-Maßnahmen-Kritik Allgemeinwissen, Merkel ist weg und vielerorts im Osten stimmt die CDU mit der AfD“, schreibt Barbe selbstbewusst.

Barbe, die nach dem Mauerfall zunächst noch am Aufbau der Sozialdemokratie in Ostdeutschland mitwirkte, engagiert sich nach eigenen Angaben inzwischen in der ultrarechten Werteunion. An der Spitze der unionsnahen-Splittergruppe steht der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. Auch ihm droht der Parteiausschluss. Vergeblich werde versucht, „Maaßen rauszuschmeißen“, meint Barbe, einen „untadeligen Demokraten und Staatsschützer“. Vor dem Hintergrund des laufenden Verfahrens gegen Maaßen sollten wohl „weitere Skandale“ vermieden werden, mutmaßt die Christdemokratin über ihren Verbleib in der Partei.

Der Fall Barbe wirft ein bezeichnendes Licht auf den Umgang der Berliner CDU mit nach rechts abgedrifteten Mitgliedern. Die Partei schickt sich gerade an, in der Hauptstadt eine Regierung mit der SPD zu bilden. Den Aufruf ihres Mitglieds zur Wahl der AfD hatte die Berliner CDU noch kritisch kommentiert. Aber sie reagierte dann nicht mehr öffentlich darauf, dass Barbe am 24. Februar dieses Jahres bei einer von Pegida und AfD organisierten Kundgebung in Dresden zum Jahrestag des Angriffskriegs gegen die Ukraine sprach. Unter den Rednern war auch der thüringische AfD-Chef Björn Höcke, der in Dresden behauptete, Deutschland und die USA seien „fremdbestimmt von einer kriegsgeilen globalistischen Elite“. Pegida-Anführer Lutz Bachmann nannte den Jahrestag des Kriegsbeginns den „ersten Geburtstag des Beginns des russischen Spezialeinsatzes“.

Bereits im November 2020 hatte Barbe den in der NS-Diktatur verordneten Judenstern in eine Kategorie mit der Maskenpflicht zum Schutz vor dem Coronavirus eingeordnet. Im April 2020 sagte sie auf einer „Hygiene-Demo“ am Berliner Rosa-Luxemburg-Platz, das Virus habe „keine Todesfolgen“: „Ich bin Biologin. Ich weiß es einfach.“