Bekannter Bauernführer will bei der AfD sprechen

Anthony Lee lässt sich als Hauptredner bei einer Veranstaltung der rechtsradikalen Partei engagieren. So stärke der CDU-Kommunalpolitiker Feinde der Demokratie, sagen Kritiker

Als ausländerfeindlich kritisiert, „Klima­skeptiker“, Orbán-Freund: Anthony Lee, Sprecher der Bauernprotestbewegung „Land schafft Verbindung Deutschland“, bei einer Demonstration in Nieder­sachsen Foto: Sina Schuldt/dpa

Von Jost Maurin

Anthony Lee, Bundessprecher der Bauernprotestbewegung „Land schafft Verbindung Deutschland“, fällt erneut durch Nähe zu Rechtsradikalen auf. Der Landwirt und CDU-Kommunalpolitiker will am 31. März bei einer Veranstaltung der AfD im niedersächsischen Grünendeich einen Vortrag zum Thema „Ernährungssicherheit versus EU-Verordnungen“ halten. Der taz liegt eine Einladung vor, die die Partei an Bauern adressiert hat. Zudem wirbt der AfD-Kreisverband Stade auf seiner Internetseite mit einem Foto Lees für die Veranstaltung. Zuvor will der Landwirt am Donnerstag auf einer Demonstration unter anderem der Organisation Freie Bauern sprechen.

„Land schafft Verbindung Deutschland“ ist aus der Bauernprotestbewegung hervorgegangen, die 2019/2020 mehrere Tausend Landwirte zu Treckerdemos etwa in Berlin gegen Umweltauflagen mobilisierte. Lee trat zum Beispiel im ARD-„Morgenmagazin“ und im Spiegel auf. Im September 2021 äußerte er sich bei einer Veranstaltung der Werteunion, die die CDU und CSU weiter rechts positionieren will, ausländerfeindlich und „klimaskeptisch“. Mehrmals hat er rechtsradikalen oder Corona-Verschwörungs-Medien wie Tichys Einblick oder Demokratischer Widerstand Interviews gegeben.

Dass Lee nun als Hauptredner bei einer AfD-Veranstaltung auftritt, ist eine neue Qualität. Laut Einladung wird er über die „Auswirkungen der EU-Bürokratie auf die Versorgungssicherheit der Bevölkerung und die Existenzbedrohung der heimischen Landwirtschaft referieren“. Damit liefert er die Grundlage für eine Rede eines AfD-Bundestagsabgeordneten. Dieser werde aufzeigen, „wie alternative Landwirtschaftspolitik in Deutschland aussehen kann“, so die Einladung.

Die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) verurteilte den geplanten Auftritt. „Ich halte das für grundweg falsch“, sagte Bundesgeschäftsführer Georg Janßen am Mittwoch der taz. „Wenn jemand meint, er müsse sich auch mit rechtsextremen Kräften zusammentun und kungeln, dann schadet das den bäuerlichen Interessen. Das isoliert uns von der Gesellschaft und den politischen Kräften, die die Verantwortung haben.“ Durch seinen Auftritt bei der AfD stärke er diese Partei. Dabei wisse auch Lee, „dass da Leute dabei sind, die am liebsten übermorgen die Demokratie abschaffen würden, und bei Putin auf dem Schoß sitzen oder sonst was.“ Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft. Die Partei versuche, Bauernproteste zu vereinnahmen, um Wähler „abzufischen“, so Janßen. Die AbL rufe nicht zu der Demonstration in Büsum mit Lee auf.

Die Freien Bauern dagegen gehören zu den Organisatoren des Protests gegen strengere Umweltregeln, die sie als „Bewirtschaftungsverbote“ bestimmter Agrarflächen darstellen. „Wir sprechen auch mit AfD-Politikern“, sagte Medienreferent Reinhard Jung der taz. So wie in einem Quartal auch mit Grünen, SPD, FDP und Linken. „Für die Anhörung zur Ceta-Ratifizierung sind wir von der AfD benannt worden“, ergänzte Jung, der im Oktober bei dem Termin des Wirtschaftsausschusses des Bundestags zu dem EU-Freihandelsabkommen mit Kanada als Sachverständiger aufgetreten war. Setzt er die anderen Bundestagsparteien gleich mit der zumindest in Teilen verfassungsfeindlichen AfD? „Unsere Aufgabe ist, wenn jemand sich für unsere Position interessiert, ihnen eine klare Meinung zu sagen“, so Jung. Würde er auch mit der NPD sprechen? „Die ist noch nicht an uns herangetreten.“

Auf die Bitte um Stellungnahme zu dem Einwand, man dürfe nicht bei der AfD sprechen, weil sie eine rechtsradikale Partei sei, antwortete Lee der taz per Messenger: Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hätten sogar mit der AfD-Bundeschefin Alice Weidel gesprochen. Lee verwies auf eine Podiumsdiskussion, bei der neben Vertretern sämtlicher anderer Bundestagsparteien auch die AfD vertreten war. AbL-Geschäftsführer Janßen wandte dagegen ein, eine Debatte des Bauernverbandes mit allen Parteien sei etwas anderes als eine Veranstaltung der AfD mit Lee als „Hauptreferent“.

Janßen warnte davor, alle Teilnehmer der Demonstration für rechtsextrem zu halten. Viele Bauern fürchteten einfach um ihre wirtschaftliche Existenz. Die AbL werde sich weiterhin mit den „vernünftigen Leuten“ bei „Land schafft Verbindung“ unterhalten. „Es geht dort aber auch keine große Debatte um Lee los, sondern sein Auftritt bei der AfD wird eher zähneknirschend gebilligt, was ich falsch finde.“

Der Bauernverband ließ die Frage der taz bis Redaktionsschluss unbeantwortet, ob er weiter mit der Bewegung zusammenarbeiten werde. Dabei führt sein niedersächsischer Landesverband Lee im Weserbergland sogar als Vize-Kreisvorsitzenden.

Ist Lee noch als CDU-Stadtrat in Rinteln tragbar? „Darüber müssen wir in den Gremien erst mal sprechen“, antwortete Fraktionschef Veit Rauch.