Kommentar von Jost Maurin zum Umsatzrückgang bei Biolebensmitteln
: Her mit der Ökopreisbremse

Jetzt ist es also passiert: Der Markt für Biolebensmittel ist 2022 zum ersten Mal geschrumpft. Aber das sollte die Politik nicht daran hindern, die Branche wie geplant stärker zu fördern als bisher. Im Gegenteil und auch wenn der von konventionellen Landwirten dominierte Bauernverband immer wieder gegen das Ziel der Bundesregierung schießt, den Anteil der Biolandwirtschaft noch in diesem Jahrzehnt auf 30 Prozent zu erhöhen.

Erstens ist der Umsatzrückgang um 3,5 Prozent im vergangenen Jahr noch lange kein Trend. Ohnehin war ein Minus zu erwarten, nachdem der Boom wegen der Schließungen etwa von Restaurants und Kantinen während der Coronapandemie zu Ende gegangen war. Denn wer zu Hause kocht, konsumiert mehr Biolebensmittel als in gastronomischen Betrieben. Der Inflationsschock wird wohl bald nachlassen, was wiederum der Biobranche zugutekommt. Zweitens sollten gerade rückläufige Absatzzahlen zusätzlich Grund für den Staat bieten, die Biobranche zu unterstützen. Bund, Länder und Kommunen müssen die Nachfrage steigern, indem sie in ihren Kantinen mehr Biolebensmittel anbieten. Außerdem sollten sie durch Kampagnen, Fortbildungen etwa für Köche und auch Vorgaben dafür sorgen, dass ebenfalls in der privaten „Außer-Haus-Verpflegung“ der Ökoanteil steigt.

Um zu gewährleisten, dass Biozutaten ausreichend vorhanden sind, müssen Ökobauern weiter stärker als konventionelle subventioniert werden, denn sie ernten systembedingt weniger pro Hektar. Um den Preisaufschlag für Bio zu reduzieren, könnte der Bund die Mehrwertsteuer für solche Lebensmittel senken.

Drittens ändern auch sinkende Umsätze nichts daran, dass die Ökolandwirtschaft große Vorteile für die Artenvielfalt, für die Qualität von Wasser und Böden hat. An erster Stelle nennen Wissenschaftler etwa des bundeseigenen Thünen-Agrarforschungsinstituts Vorteile für den Schutz von Grundwasser, Flüssen, Seen und Meeren, die von Verschmutzung durch gesundheitsschädliche Nitrate aus Düngemitteln und Pestiziden verschont bleiben.

Im Durchschnitt habe es auf Bioflächen 78 Prozent mehr Regenwürmer pro Quadratmeter gegeben. Die Wissenschaftler stellten auch fest, dass auf den untersuchten Bioäckern durchschnittlich 95 Prozent mehr Wildkräuterarten wuchsen. Außerdem habe es dort 35 Prozent mehr Feldvögelarten mit insgesamt 24 Prozent mehr Individuen gegeben. Das sollten genügend Gründe sein, die Biolandwirtschaft auch dann noch zu fördern, wenn der Absatz nach dem Coronaboom wegen der Inflation mal schwächelt.