: Schweinebosse vor Gericht
Tierqual-Prozess in Papenburg: Tierschützer hatten kranke und verletzte Sauen in Mastanlage gefilmt
Zwei Geschäftsführer einer großen Schweinemastanlage im Emsland mit rund 15.000 Mastplätzen müssen sich seit Dienstag vorm Amtsgericht Papenburg wegen Tierschutzverstößen verantworten. In der Anlage hatte es laut Anklage Fälle von kranken und nicht behandelten Tieren gegeben. Zum Teil seien sie nicht in den vorgeschriebenen Krankenbuchten gesondert untergebracht gewesen. Persönlich waren die Angeklagten nicht zum Prozess erschienen. Die Verhandlung wurde angesetzt, weil sie Widerspruch gegen Strafbefehle der Staatsanwaltschaft eingelegt hatten. Vor dem Gericht demonstrierten etwa 20 Tierschützer*innen.
Heimliche Videoaufnahmen des Deutschen Tierschutzbüros aus dem Jahr 2020 hatten die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Der Anwalt eines Geschäftsführers sagte, er zweifele die Authentizität des Filmmaterials an. Die Aufnahmen hätten auch in einem anderen Maststall erstellt worden sein können. Er benannte daher auch den im Zuschauersaal sitzenden Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Tierschutzbüros, Jan Peifer, als Zeugen. Dieser solle zur Echtheit der Videoaufnahmen befragt werden.
Mögliche Signalwirkung durch Urteil
Peifer wurde am Dienstag allerdings nicht mehr als Zeuge aufgerufen. Das solle am zweiten Verhandlungstag geschehen, legte die Richterin fest. Weil er nun als Zeuge geladen ist, darf der Aktivist vor seiner Aussage nicht mehr dem Prozess als Beobachter beiwohnen. Peifer sagte vor Verhandlungsbeginn, dass er auf eine Verurteilung der beiden Angeklagten setze. „Da erhoffen wir uns auch eine Signalwirkung in die Branche hinein.“ Mehr Kontrollen seitens der Behörden würden solche Straftaten indes nicht verhindern. „Wir brauchen den Systemwechsel hin zu einer pflanzenbasierten Ernährung“, sagte Peifer.
Am ersten Verhandlungstag waren zwei Tierärztinnen und ein Mitarbeiter des Kreisveterinäramtes geladen. Unmittelbar vor der Anzeige war der Betrieb überprüft und Haltungsmängel moniert worden. Das Amt hatte die Auflage erteilt, diese abzustellen, sagte eine der Veterinärinnen. Aus ihrer Sicht hätten die kranken Tiere den Mitarbeitern des Maststalls auffallen müssen.
Ein Gutachter des Niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hatte im Auftrag des Landkreises sechs notgetötete kranke Schweine untersucht. Die Tiere hätten aufgrund des Befundes sicherlich über drei Wochen hinweg starke Schmerzen erleiden müssen, sagte er. Die Beweisaufnahme soll an weiteren Verhandlungstagen im Februar und März fortgesetzt werden. (dpa/taz)
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