Barbara Oertel über Neuwahlen in Bulgarien
: Sofia kommt nicht zur Ruhe

Das politische Trauerspiel, das in Bulgarien seit Monaten aufgeführt wird, geht in die Verlängerung. Nachdem auch der dritte und letzte Versuch, ein Kabinett zusammen­zuzimmern, gescheitert ist, werden die Bul­ga­r*in­nen im April erneut an die Urnen gebeten. Doch eigentlich könnten sich alle Beteiligten die Mühe sparen.

Denn die fünfte Wahl innerhalb von zwei Jahren dürfte kaum zu dem erhofften Befreiungsschlag werden, geschweige denn eine tragfähige Regierung hervorbringen. Stattdessen droht eine weitere Fragmentierung des Parlaments mit guten Chancen für natio­nalistische Parteien, ihren Stimmenanteil zu vergrößern. Damit einher gehen ein wachsender Politikverdruss und Vertrauensverlust der Wäh­le­r*in­nen von den Parteien, die sich als unfähig erweisen, ihrer Verantwortung gegenüber dem Souverän gerecht zu werden.

Bereits bei der letzten Wahl im vergangenen Oktober lag die Beteiligung bei knapp unter 40 Prozent, es ist also noch Luft nach unten. Und die Dauerblockade, in der das EU-Land gefangen ist, hat noch andere unerfreuliche Konsequenzen. Mit der geplanten Einführung des Euro 2024 wird unter diesen Vorzeichen vorerst erst einmal nichts. Dasselbe gilt für Bulgariens Beitritt zum Schengen-Raum, den beispielsweise Österreich mit einem Veto belegt hat.

Und noch etwas könnte Brüssel künftig Kopfzerbrechen bereiten: Im Windschatten der Krise baut Präsident Rumen Radew, der jetzt erneut ein Expertenkabinett einsetzt, seine Macht langsam, aber sicher aus. Das ist der Mann, der sich die Korruptionsbekämpfung auf die Fahnen geschrieben hat. Der jüngste Bericht des Europa­rates hat dem Balkanstaat in diesem Bereich denn auch ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt.

Zudem schielt Radew unverhohlen in Richtung Moskau. Zwar hat er den Angriffskrieg des Kreml gegen die Ukraine verurteilt, sich aber gleichzeitig gegen Russland-Sanktionen sowie Waffenlieferungen an die Ukraine positio­niert. Angesichts eines Krieges, dessen Ende derzeit nicht absehbar ist und der mehr denn je Geschlossenheit in der EU erfordert, sind das keine guten Aussichten. Das Jahr 2023 – vor allem für Bulgarien dürfte es kein gutes werden.