Strafreform in Spanien: Neuer Hype für die Katalanen

Carles Puigdemont muss keine Anklage mehr wegen „Aufstand“ befürchten. Nach Spanien dürfte er dennoch nicht zurückkehren. Und seine Popularität sinkt.

Carles Puigdemont trägt eine Brille und hat angegraute längere Haare

Puigdemonts politische Freunde stehen mit der aktuellen Regierung in Barcelona im Streit Foto: Martin Bertrand/imago

Die einen wollen nichts mehr von der Causa „katalanische Unabhängigkeit“ hören. Andere glauben noch fest daran, dass es wohl (irgendwo, bei irgendwem) einen realistischen Fahrplan gibt. Aber über die polarisierte Debatte hinaus, die je nach Anlass in den Medien einen Hype erfährt, gibt es keinen ernsthaften Hinweis, dass dieses Vorhaben heute mehr Chancen hat als beim gescheiterten Referendum vom 1. Oktober 2017.

Dass nun kein europäischer Haftbefehl wegen „Aufstand“ gegen Carles Puigdemont, den ehemaligen Ministerpräsidenten Kataloniens, mehr besteht, bedeutet nicht, dass er auf freiem Fuß nach Spanien zurückkehren darf. Ihm droht weiterhin eine Haftstrafe von mindestens 12 Jahren. Der zu­stän­di­ge Er­mitt­lungs­rich­ter am Obers­ten Ge­richt in Ma­drid, Pablo Ll­are­na, wünscht sich sehr, Puigdemont hinter Gitter zu bringen.

Der Anteil der katalanischen Un­ab­hän­gig­keits­bei­für­wör­te­r*in­nen lag nie über 50 Prozent, auch nicht 2010, auf dem Höhepunkt der Mobilisierungen und der politischen Spaltung zwischen Barcelona und Madrid. Nun, mehr als viereinhalb Jahre nach der von der spanischen Zentralregierung nicht genehmigten katalanischen Volksabstimmung, ist die Zustimmung gesunken. Mehr Katalanen plädieren für einen Dialog mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez. So macht es auch der aktuelle katalanische Regierungschef Pere Aragonès. Es läuft irgendwie, und wichtig in einer Demokratie ist nun mal, Brücken zu bauen.

Die Popularität von Puigdemont sinkt. Es heißt, dies liege zum Teil daran, dass er im Unterschied zu anderen katalanischen Politikern nicht im spanischen Gefängnis saß und dass er keinen richtig umsetzbaren Fahrplan 2017 im Gepäck hatte. Dazu kommt, dass Puigdemonts politische Freunde mit der aktuellen Regierung in Barcelona im Streit stehen.

Immer wieder wird es neue Anlässe für Unabhängigkeitsforderungen geben und lautstark demonstriert werden – das können die Katalanen gut. Nächste Woche hat sich Sánchez mit Emmanuel Macron statt in Madrid in Barcelona verabredet. Dies wird als eine Provokation gesehen – und dagegen wird es eine große einheitliche katalanische Demonstration geben. Ein paar beeindruckende Fotos geben. Mehr nicht.

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Jahrgang 1982, ist Leiterin der taz Panter Stiftung. Zuvor war sie stellvertretende Auslandsressortleiterin und taz-Europa-Redakteurin. Bei der taz hat sie im Mai 2022 als Themen- und Nachrichtenchefin angefangen. Sie berichtet seit 2005 als freie Korrespondentin für Tageszeitungen, Fernseh- und Radiosender über Deutschland, Zentral- und Osteuropa. Ihre Karriere als Journalistin hat sie in Spanien gestartet und an der FU Berlin hat sie sich auf Osteuropa und Russland spezialisiert. Mehrere multimediale Projekte hat sie initiiert und durchgeführt, um Mehrsprachigkeit, Vielfalt und Toleranz in der Gesellschaft zu fördern.

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