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Entlassungen bei TwitterCiao per Mail

Twitter-Chef Elon Musk spart ein: Per Mail will das Unternehmen am Freitag Tausende Mitarbeitende entlassen. Sie sollen auch ihre Spam-Ordner checken.

Das Twitterlogo an der Firmenzentrale in San Francisco, Kalifornien Foto: Carlos Barria/reuters

Am Freitag sollen alle Mit­ar­bei­te­r*in­nen von Twitter per Mail erfahren, ob sie entlassen werden oder nicht. So steht es in einer Mail, die das Unternehmen versendet hat. Das Schreiben wurde am Donnerstagabend von mehreren Medien veröffentlicht. Demnach werden die Mit­ar­bei­te­r*in­nen darauf hingewiesen, dass sie um 9 Uhr Pazifische Standardzeit (17 Uhr deutsche Zeit) eine Mail bekommen werden, in der ihnen mitgeteilt wird, ob sie weiterhin für Twitter arbeiten. Der Betreff: „Deine Rolle bei Twitter“.

Laut US-Medien sollen 3.700 Menschen von den Kündigungen betroffen sein, also etwa je­de*r zweite Mit­ar­bei­te­r*in des Unternehmens. Elon Musk hatte bereits vor seinem 44 Milliarden Dollar schweren Kauf von Twitter am vergangenen Freitag angekündigt, dass er bis zu 75 Prozent der Beschäftigten entlassen würde, wenn er Chef der Plattform wird.

Die Art dieser firmenweiten und öffentlichen Kommunikation ist bezeichnend für Musk. In der Mail von Donnerstag wurden die Mitarbeitenden nicht namentlich angesprochen. Unterzeichnet wurde die Nachricht nicht mit dem Namen von Elon Musk oder dem anderer Führungspersonen, sondern mit „Twitter“. In dem Schreiben heißt es, es wäre „notwendig, weltweit Arbeitskraft zu reduzieren“, damit „die Firma voranschreitet“.

Und: Die Angestellten werden aufgefordert, doch bitte auch ihre Spam-Ordner zu checken, um herauszufinden, ob sie gefeuert wurden oder nicht. Außerdem wurde in der Nachricht angekündigt, dass die Twitter-Büros am Freitag geschlossen bleiben, wohl um wütenden Reaktionen der Mitarbeitenden vorzubeugen.

Musk will Twitter profitabler machen

Bereits jetzt teilen einige Accounts auf Twitter unter dem Hashtag #OneTeam mit, dass sie entlassen wurden, posten dabei Fotos von sich selbst und geben so der aktuellen Entwicklung ein Gesicht und eine Geschichte. Ob diese Accounts allesamt authentisch sind, ist zweifelhaft. Unter den Beiträgen weisen jedoch schon jetzt andere Ar­beit­ge­be­r*in­nen darauf hin, dass sie Personal suchen.

Die Entlassungen wirken wie ein verzweifelter Versuch von Musk, Twitter so zu gestalten, dass es mehr Geld abwirft. Denn für die Übernahme musste Musk Kredite für etwa 13 Milliarden US-Dollar aufnehmen. Zudem ist das Unternehmen nicht so rentabel wie viele anderen Social-Media-Plattformen. Hinzu kommt, dass einzelne große Wer­be­kun­d*in­nen seit der Twitter-Übernahme durch Musk ihre Werbebudgets eingefroren haben, wie etwa General Mills, Volkswagen und General Motors. Doch Werbung macht rund 90 Prozent der Einnahmen von Twitter aus. Außerdem wechselten viele User nach dem Kauf – auch wegen der stärkeren Verbreitung von Verschwörungserzählungen, Desinformation und Hass – auf alternative Plattformen.

Eine Strategie, um mehr Geld zu erwirtschaften, teilte Musk bereits vor einigen Tagen mit: Er möchte User zum Abschluss von Abonnements bewegen. Für 8 US-Dollar pro Monat sollen sie „Twitter Blue“ abschließen. Dadurch würden sie weniger Werbung ausgespielt bekommen, ihre eigenen Beiträge wären prominenter dargestellt und sie würden den Verifizierungs-Haken bekommen, der zeigt, dass die Identität eines Accounts zweifelsfrei geklärt ist. Dieser Haken ist bisher Unternehmen und Menschen mit einer großen Zahl an Fol­lo­wer*­in­nen und Prominenz vorbehalten, die etwa in Politik, Sport oder Unterhaltungsbranche tätig sind.

Bereits am Donnerstag berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider und interne Mails, dass Musk das Management angewiesen habe, eine Milliarde US-Dollar pro Jahr an der Infrastruktur einzusparen. Betroffen seien insbesondere Cloud-Dienste und Rechner-Kapazitäten, wodurch wohl 3 Millionen US-Dollar täglich eingespart werden könnten. Doch gerade die Infrastruktur ist notwendig, um Twitter auch während Großereignissen erreichbar zu halten, etwa während oder kurz nach Anschlägen, in denen besonders viel über Twitter kommuniziert wird, oder aber auch vor und während Wahlen. Eine, die besonders viel Datenaufkommen generieren könnte, steht in den USA bereits am Dienstag an: die Midterms.

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11 Kommentare

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  • Ich wundere mich, dass über ein Unternehmen, das knapp 4000 Mitarbeitende entlässt, so sehr viel berichtet wird. Wenn Mitarbeitende in Deutschland betroffen sind, dann gibt es ausreichenden Rechtsschutz und ein möglicherweise in Deutschland bestehender (Gesamt)Betriebsrat kann einen Sozialplan verhandeln.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Der Twitter-Betriebsrat wird mit dem heiligen Elon einen guten Sozialplan aushandeln. Da bin ich mir ganz sicher!

  • "Denn für die Übernahme musste Musk Kredite für etwa 13 Milliarden US-Dollar aufnehmen."

    Welche der noble Befreier selbstverständlich sofort dem befreiten Unternehmen überlassen hat. Und jährlich etwa die Milliarde Zinsen kosten, die Musk nun an der Infrastruktur sparen will.

  • Damit wird sich Musk mehr als nur ein paar blaue Flecken einfangen. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wird er Twitter so umkrempeln, dass es seinen Nimbus als DER Kurznachrichtendienst verlieren wird. Das wiederum ist gut, denn durch die kommende Deregulierung wird Twitter für die nächste Zeit ein viel schlimmerer Ort des Hasses und der Hetze werden als bisher.

    Wenn Musk eine Bezahl-Funktion anbieten würde, damit sich echte Menschen darum bemühen, Meldungen zu Fake-News, Beleidigungen und strafbaren Aussagen zu sichten und diese dann auch zu sperren, dann hätte die Übernahme etwas Gutes gehabt. Stattdessen macht er ein SellOut und verkauft alles, was Twitter attraktiv gemacht hat und bisher kostenlos gewesen ist, während er alles andere an Twitter, was bis dato mindestens kritikwürdig war, gegen die Wand fahren lässt.

    Eigentlich müsste er Twitter umbenennen, denn bald wird es nicht mehr Twitter sein.

  • Ich bin seit über 10 Jahren bei Twitter und habe ausgedehnte Netzwerke dort. Aus meiner Sicht ist das Kulturgut, dass die Gesellschaft tragen sollte. Twitter hatte immer eine gemeinschaftliche Ausrichtung. Leider kann und will ich die letzte Entwicklung nicht mitmachen. Herr Musk hat es immer verstanden sich das Eigentum der Gemeinschaft anzueignen. Ich fühle mich bestohlen.

    • @llorenzo:

      Ich habe noch nie verstanden, warum man viel Zeit, Herzblut und Mühe in eine proprietäre Plattform steckt, wo man den willkürlichen Hausregeln eines einzelnen Betreibers rechtlos ausgeliefert ist. Ob das nun facebook, twitter oder sonstwer ist.



      Wem "social media" ernsthaft wichtig ist, der müsste dafür kämfen, dass es ein offenes Protokoll dafür gibt und Anbieterfreiheit, ähnlich zu www, telefon, email, ...

    • @llorenzo:

      Inwiefern hat sich Musk das Eigentum der Gemeinschaft angeeignet. Pay Pal. Space-X , Tesla , alles Eigentum der Gemeinschaft? Ich würde sagen, dass die Nutzer eher Trittbrettfahrer sind, wie bei den Gewerkschaften die Streiks organisieren, die Nichtorganisierten sahnen dann ab.

      • @Pepi:

        Im Entstehen des Internets, war es wie ein Goldrausch. Sehr viele Menschen haben sich aufgemacht und nach Goldadern geschürft. Einige hatten Glück und könnten unverhältnismäßig viel Geld scheffeln. Die Frage wem das Gold gehört das geschürft wurde, war auch damals aktuell. Sehr viel ausveutung und Gewalt war damals im Spiel. Aus heutiger Sicht, ist es klar, dass die Menschheit, sich mehr und mehr in die Abhängikeit des Internets begibt. Fluch oder Segen. Damit werden aber grundsätzliche Dienste wie Suchen und Kommunikation, Bezahldienste usw. zur Notwendigkeit und dadurch, das Millionen sie Nutzen (müssen) zum Gemeinschaftsinteresse. Das Internet selbst, auf dessen Erfindung all der Reichtum einzelner Aufgebaut ist, wurde nicht von diesen erfunden oder erbaut. All die Ideen und Kabel und Elektronik ist durch die Entwicklung der Welt-Gesellschaft im letzten Jahrhundert entstanden. Infrastruktur von Steuern bezahlt. Herr Musk ist kein Mensch mit Eigenschaften die ihn über andere hinaushebt. Er war einfach zur Rechten Zeit am richtigen Ort und hatte an der Stelle eine offensichtliche Idee. All sein Reichtum ist darauf aufgebaut zu scheffeln was andere kreieren. Diese bescheidene Selbstreflektion würde ich mir wünschen.

        • @llorenzo:

          Nach dieser Definition gehören Bill Gates und Wozniak sowie Jobs und Bezos auch in diese Kategorie. Im übrigen hat diese Weltgesellschaft, die Sie so lobend erwähnen, diesen Fortschritt dazu genutzt sich gegenseitig umzubringen und andere Völker zu kolonialisieren. Musk, Gates, Bezos und wie sie alle heißen haben diese Erfindungen nutzbar gemacht zum Wohle der Gemeinschaft. Sie haben die Wahl darauf zu verzichten.

    • @llorenzo:

      Sorry, aber meine Sicht auf das, was Sie als Kulturgut bezeichnen, ist eine völlig andere: Demokratiezerstörer. Als Teil der Gesellschaft bin ich ebensowenig bereit, das mitzutragen wie fb, Instagram, WozDepp und wie die alle heissen...

      • @Grenzgänger:

        Mir ist nicht ganz klar was sie mit ihrem Kommentar sagen wollen? Ob ich die Sozialen Services von fb, twitter usw mag oder nicht, spielt keine Rolle. Ich muss sie nutzen wenn ich mich in der Mitte der Gesellschaft wähne. Versuchen Sie ihr Kind durch die Schule zu bringen ohne... Damit werden diese Dienste aus meiner Sicht zumindest teilweise zu einem gemeinschaftlichen Gut. Das ander ist die immense und teure Infrastruktur die unentgeltlich von den Firmen genutzt wird. Steuern zahlen sie ja ohnehin nur minimal. Und das dritte sind die vielen Ideen und Leistungen anderer und der Zeitpunkt in einer Entwicklung die dazu geführt haben das ausgerechnet meine Idee nach vorne kommt. Das soll die Frage beantworten warum ich oben sagte, dass Herr Musk ein Gewinnler auf Kosten vieler anderer ist. Das kann man als Heldenhaft oder Assozial ansehen, je nach Perspektive.