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Rechts und bewaffnet

Itamar Ben-Gvirs Aufstieg vom Außenseiter zum Königsmacher in Israel

Foto: Corinna Kern/reuters

Aus Tel Aviv Judith Poppe

Vor zwei Jahren war er eine Randfigur. 0,42 Prozent erhielt Itamar Ben-Gvir mit seiner Partei Jüdische Kraft bei den Wahlen im März 2020. Heute wird der Rassist wie ein Rockstar gefeiert und erlangte mit seiner gemeinsam mit Bezalel Smotrich angeführten Liste Religiöser Zionismus 14 Sitze im israelischen Parlament.

Vor allem junge Leute fühlen sich von seiner draufgängerischen Art angezogen. Anders als der gesittetere Smotrich schreckt der hitzige Ben-Gvir nicht davor zurück, sich mit der Polizei anzulegen und auch mal die Waffe zu zücken.

Das erste Mal fiel der 46-Jährige als Teenager auf, als er das Cadillac-Emblem des Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin von dessen Auto stahl: „So wie wir zu seinem Auto durchgekommen sind“, sagte der jugendliche Ben-Gvir in die Kamera, „so werden wir auch ihn erwischen.“ Wenige Wochen später wurde Rabin ermordet. Seitdem hatte der Provokateur zahlreiche Begegnungen mit der Polizei und Strafgerichten. Ben-Gvir wurde wegen rassistischer Hassrede, Behinderung eines Polizeibeamten und Unterstützung einer terroristischen Organisation verurteilt. Die israelische Armee hielt es deshalb für zu gefährlich, ihn mit achtzehn Jahren einzubeziehen.

Aufgewachsen ist Ben-Gvir in einem Vorort von Jerusalem als Sohn eines irakischen Vaters und einer kurdischen Mutter in einem säkularen Haushalt. Doch als Jugendlicher, während der ersten Intifada, wandte er sich der Religion und rechten Ideen zu. Mit sechzehn Jahren wurde er Mitglied der vom Ultranationalisten Meir Kahane angeführten Kach-Partei.

Die Kach-Partei, genauso wie ihre Abspaltung Kahane Chai wurden 1994 verboten und werden von Israel als terroristische Organisationen betrachtet. Ihre Ziele waren unter anderem die Vertreibung der meisten Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen sowie die Beseitigung der Demokratie zugunsten einer jüdischen Theokratie. Ben-Gvirs jetzige Partei, Otzma Jehudit gilt als ideologische Nachfolge der Kach-Partei.

Der Jurist ist fünffacher Familienvater und lebt in Kirjat Arba, einer direkt an Hebron angrenzenden Siedlung, in der sich auch das Grab Baruch Goldsteins befindet. Goldstein hatte 1994 in der Höhle der Patriarchen in Hebron 29 muslimische Betende ermordet und 125 verletzt. Ben-Gvir zeigte sich als Verehrer Goldsteins. Ein Porträt des Attentäters, das in seinem Wohnzimmer hing, nahm er 2020 ab, weil er seine Partei in eine gemäßigt rechte Liste aufgenommen sehen wollte. Es kam nicht dazu. Die Vorbehalte gegen ihn waren noch zu groß. Ein Jahr später aber wurde Ben-Gvir zum ersten Mal in die Knesset gewählt.

In diesem Wahlkampf hat er immer wieder betont, er habe sich von einigen radikalen Ansichten distanziert, doch viele halten dies für ein Lippenbekenntnis. Mit der Aufnahme in Netanjahus rechtsreligiöses Bündnis sind Ben-Gvir und seine Ideen endgültig hof­fähig geworden.