die gesellschaftskritik
: Das Fax von der „Türkenbrause“

Der verstorbene Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz wollte laut den Komikern Erkan und Stefan nicht, dass sein Energy-Drink als „Türkenbrause“ gilt.

Die krasseste Zeitenwende unserer Tage war die von Coca-Cola zu Red Bull. Die aus getrockneten, geräucherten und gemolkenen Gummibärchen bestehende Brause in Dosen wurde irgendwann in den 1990ern das, wofür zuvor nur Coca-Cola stand: völlig überflüssiges Zeug, das die einen so geil fanden, dass sie es literweise in sich reinschütteten, während es für die anderen mindestens der Anti­christ war.

Schulhöfe, Sofas, Clubs, Fußballstadien, Partys – das Zeug war überall. So auch in dem Kinofilm „Erkan und Stefan“ von John Friedmann und Florian Simbeck aus dem Jahr 2000.

Die beiden Komiker, die mit ihrer „Kanakcomedy“ berühmt wurden, verabschiedeten den am vergangenen Samstag verstorbenen Red-Bull-Gründer Mateschitz nun aber nicht mit einer Blödelei und einem Danke für die vielen tollen Flügel, die ihnen das Gesöff verliehen hätte. Auf ihrem Twitteraccount veröffentlichten Erkan und Stefan erstmals eine für Mateschitz sehr unschmeichelhafte Anekdote.

Für ihren Kinofilm hätten die Komiker damals beim Unternehmen angefragt, ob es ein Product Placement finanzieren würde. In einem zweizeiligen Antwortfax sei die Anfrage abgelehnt und so begründet worden: Red Bull sei „keine Türkenbrause“. Der Tweet mit dieser Info ging am Sonntag rum, die Debatte los, vor allem darüber, wie pietätlos dieser Tweet sei.

Pietätlos mit jemandem umzugehen, der selbst überaus pie­tätlos war, mindestens als geschmacklos einzustufende Dinge erzählte, Rechtsextreme und Verschwörungserzähler in seinem Fernsehsender hofierte, dort einen Betriebsrat ablehnte und Journalisten bedrohte – ist sehr nachvollziehbar. Warum aber haben die beiden Comedians diese Story vom Fax erst jetzt öffentlich gemacht? Florian Simbeck (der Stefan, nicht der Erkan) erklärte auf Nachfrage der taz, dass sie das Fax schlicht vergessen hätten. „Wir kriegen ständig Absagen von großen Firmen. Die von Red Bull war nichts Besonderes. Große Firmen haben immer noch Angst davor, mit Personen identifiziert zu werden, von denen sie glauben, dass sie nur klauen und nicht kaufen.“

Sie hätten dann trotzdem in ihrer Comedy weiter Red Bull getrunken, weil ihre Figuren dieses Zeug nun mal tranken. „War eine andere Zeit“, twitterten sie. Und meinten damit nicht das Fax. Doris Akrap