NSU-Helfer kommen davon

Die Bundesanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen mutmaßliche Waffen- und Wohnungsbeschaffer ein

Von Konrad Litschko

Sie sollen dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) Waffen, Wohnungen oder Pässe beschafft haben. Elf Jahre lang wurde gegen sie wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Nun bestätigte die Bundesanwaltschaft: Die Ermittlungen gegen fünf mutmaßliche NSU-Helfer sind eingestellt.

Es habe sich kein hinreichender Tatverdacht ergeben, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Mittwoch der taz. Die durch die ­Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse reichten nicht für die Anklage. Konkret geht es um: Max-Florian B., Matthias D. und Thomas S., die dem NSU-Kerntrio ­Beate Zschä­pe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt Wohnungen besorgten; Mandy S., die Zschä­pe ihre Krankenkassenkarte überließ; und Jan W., der verdächtigt wurde, Waffen beschafft zu haben.

Gegen vier weitere mögliche NSU-Helfer ermittelt die Bundesanwaltschaft noch, darunter Susann E., die beste Freundin Zschä­pes, die ihr Bahncards überließ. Auch hier ist jedoch die Einstellung des Verfahrens wahrscheinlich. Noch offen bleibt ein „Strukturverfahren“, in dem die Bundesanwaltschaft allgemein Hinweisen auf das Trio nachgehen kann.

Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt waren 1998 abgetaucht und hatte bis zur Selbstenttarnung 2011 zehn Menschen erschossen sowie 3 Anschläge und 15 Überfälle verübt – die schwerste Rechtsterrorserie der Bundesrepublik. In einer Bekenner-DVD nannte sich der NSU ein „Netzwerk von Kameraden“.

Mundlos und Böhnhardt hatten sich vor ihrer Festnahme erschossen. Zschäpe wurde 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt. Haftstrafen erhielten auch vier weitere Helfer: der Waffenbeschaffer Ralf Wohlleben, der langjährige NSU-Vertraute André Eminger, der Passbeschaffer Holger G. und der Waffenüberbringer Carsten S. Außer Wohlleben, der zehn Jahre Haft bekam, kamen die vier Helfer milde davon. Allen voran André Eminger, ein strammer Neonazi, der vor Gericht schwieg und nur 2,5 Jahre Haft erhielt – die Bundesanwaltschaft hatte 12 Jahre gefordert und ihn gar als vierten NSU-Mann ins Spiel gebracht. Das Gericht aber sah es als nicht erwiesen an, dass Eminger von Beginn an in die Terrortaten eingeweiht war. Und der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil im Dezember 2021. Spätestens hier war klar, dass die anderen Helfer kaum noch etwas zu fürchten haben.

Die Opferfamilien hatten dagegen stets betont, dass sie fest von weiteren Helfern ausgehen, die etwa Tatorte auskundschafteten. Die Bundesanwaltschaft hielt dem entgegen, dass es dafür keine konkreten Beweise gibt – und untermauert dies nun mit der Einstellung der Verfahren.

Die Linken-Innenexpertin Martina Renner nannte diesen Schritt „einen Skandal“. „Die Bundesanwaltschaft war immer nur daran interessiert, die These vom Trio nicht zu gefährden“, sagte sie der taz. „Wirklich Aufklärung stand nie im Vordergrund. Es darf jedoch keinen Schlussstrich geben.“ Die Aufarbeitung müsse weitergehen.