Letzter Auftritt von Andrea Petković: Extrem emotional

Die Auftaktniederlage von Andrea Petković bei den US Open ist zugleich der Schlusspunkt ihrer Karriere. Ein Spiel, in dem sie noch einmal alles zeigt.

Andrea Petković in Aktion

Nur nicht aufgeben: Petković bleibt ihrem Motto auch im letzten Spiel treu Foto: Mary Altaffer/ap/dpa

Ganz am Ende, nach sechzehn verrückten Grand-Slam-Jahren, konnte Andrea Petković nur noch zusehen, wie alles in Sekundenschnelle vorüberging. Belinda Bencic, die Schweizer Olympiasiegerin, schlug ein Ass, besiegelte ihren hart erkämpften 6:2-, 4:6-, 6:4-Auftaktsieg bei den US Open. Petković verharrte einen Moment an der Grundlinie, als weigere sie sich, das Unvermeidliche zu akzeptieren. Dann schritt sie mit Tränen in den Augen zum Netz. Eine lange Umarmung der beiden Freundinnen folgte, Tränen flossen auch bei Bencic. Und Tränen flossen auch auf der Tribüne bei den „Petko, Petko“-­Rufern, bei ihrem Team, bei Trainer Petar ­Popović.

Noch einmal kehrte Petković, tief bewegt und gerührt, zurück auf den schmucklosen Außenplatz 7, winkte ins Publikum, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Dann ging sie, die Tennistasche geschultert, weg von der kleinen Bühne. Weg auch aus dem Grand-Slam-Theater von New York. Weg aus ihrem Tennisleben.

Wie unterm Brennglas hatte dieses 884. Spiel ihre ganze Karriere gebündelt – den ewigen Kampf nicht nur gegen die Gegnerinnen, sondern auch und vor allem gegen sich selbst. Zweifel, Ängste, Glücksmomente, eine sportliche Achterbahnfahrt. Die Probleme mit dem hoch- und überbelasteten Körper. Schmerzen, mal mehr, mal weniger stark. „Ich bin aber stolz, dass ich mich in diesem Match so zusammengerissen habe. Dass ich noch einmal als Kämpferin dagestanden habe und fürs Nicht-Aufgeben“, sagte Petković später.

Übermächtige Schmerzen

Die tiefe Traurigkeit allerdings konnte der mehr als achtbare, extrem emotionale Abschied aus dem Grand- Slam-Theater in New York nicht verdrängen – es wäre auch unnormal für eine Athletin gewesen, die sich seit ihren Teenagerjahren wie kaum eine zweite in ihren Sport und ihr Vorankommen verbissen hatte. Und sich zugleich auch immer wieder emanzipierte von dem Centre-Court-­Geschehen, ihren Horizont erweiterte als hellwache, vielseitig interessierte Weltbürgerin.

Schön waren die letzten Wochen und Monate nicht mehr für die 34-jährige Darmstädterin, deren Körper auf der Zielgeraden immer wieder streikte und Warnsignale aussendete. „Die Schmerzen sind echt übermächtig geworden, das war kein Vergnügen.“ Als Petković am Abend noch einmal dem TV-Sender Eurosport ein letztes Interview gab, sprach sie davon, zuletzt „nur noch mit Schmerzmitteln“ trainiert zu haben: „Das ist aber nicht die Art und Weise, wie ich Tennis betreiben will.“ Auch in der Partie gegen Bencic musste sich Petković heftig überwinden, um nicht noch wegen der lähmenden Ellbogenpein aufzugeben. „Bitter“ sei das schon alles, so Petković: „Ich liebe Tennis noch immer so sehr. Ich würde noch 35 Jahre weiterspielen, wenn ich könnte.“

Dabei stand Petkovićs Widerstandskraft, ihr Beharrungswille schon seit frühen Karrierejahren immer wieder auf dem Prüfstand. Als junge, aufstrebende Größe wurde sie bei den ­Australian Open von einem Kreuzband­riss aus der Bahn geworfen. Es folgten in unschöner Regelmäßigkeit kleinere und größere Blessuren, wieder und wieder. Sie brach sich das Iliosakralgelenk im Rücken, erlitt einen Meniskusriss, musste wegen Schulterbeschwerden aussetzen. „Und doch war sie immer wieder topfit, wenn sie auf den Platz zurückkehrte, das war schon unglaublich“, sagt DTB-Frauenchefin Barbara Rittner.

Und Petković fand auch noch Zeit, sich um die jüngeren Spielerinnen als Mentorin zu kümmern. Zuletzt um Nastasja Schunk. Und ganz besonders um die Dortmunderin Jule Niemeier, die am Dienstag als überhaupt einzige Abgesandte des DTB die zweite US-Open-Runde erreichte (7:6, 6:4) gegen Sofia Kenin/USA). „Petko wird uns fehlen, sehr fehlen“, sagte Rittner, selbst den Tränen nahe, am Dienstag, „als Spielerin. Aber vor allem als Mensch, als besonderer Mensch“.

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