Wasserknappheit in Franken: Regenquartett beim Frühschoppen

Das Wasser ist knapp, auch in Franken, wo unser Autor einen Gasthof betreibt. Glücklich ist da, wer einen eigenen Brunnen unterm Gemüsegarten hat.

Regentropfen fallen in eine Pfütze

Regentropfen fallen in eine Pfütze Foto: Felix König/Agentur 54 Grad/imago

Am Stammtisch ist weder Frau Schlesinger Thema, noch die documenta. Nicht einmal die Gasumlage oder der Ukrainekrieg. Es ist das Wasser, also das fehlende. Das Thema ist so dringend, dazu bräuchte es den unreifen Apfel nicht, der auf dem langen Gartentisch landet. Die Obstbäume in unserem Garten werfen ihre Früchte gerade zu Dutzenden unreif ab, weil sie nicht genug Wasser haben. Der Knall des Apfels auf der Holzplatte gibt dem Gespräch aber noch etwas mehr Drive.

Es hat am Vorabend geregnet, ein Sommergewitter, das erste nach langer Zeit. Und so beginnt der Frühschoppen mit einem Niederschlagsquartett, während die Männer sich unter dem Apfelbaum Weinschorlen mixen. 6 Liter pro Quadratmeter zeigt mein Regenmesser, der Nachbar berichtet von 6,5 Litern, eine Straße weiter wird mit 8 Litern angegeben. Aber: „Der Natur hilft das alles nichts“, sagt der nächste und beendet unsere etwas hilflose Kraftmeierei. Der Boden bräuchte viel mehr Wasser – viel, viel mehr.

Sofort wird das Gespräch politisch und landet dort, wo es in jüngster Zeit häufig landet: bei den Wasserrechten. Wütend wird gefragt, wieder einmal, warum die einen Winzer sich am Bach im Ort bedienen dürfen, das Wasser aber für andere tabu ist, auch für die Handvoll Kleingärtner, die ihre Parzellen an dem Rinnsal haben. Mit Gerechtigkeit habe das nichts zu tun, ist man sich einig, aber – wir befinden uns in Bayern – mit der CSU wahrscheinlich umso mehr.

Ich kann da nicht mitreden. Und dass ich das nicht kann, zeigt mir, wie wenig ich auf dem Land angekommen bin. Ich habe zwar gelernt, im Garten regelmäßig den Regenmesser zu beobachten – ein durchsichtiges Plastikrohr an einer Stange, die im Rosenbeet steckt. Aber der Pegel darin sagt mir wenig über die Nässe im Boden, der gelbe Rasen dafür etwas mehr.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Ich kann mich auch noch nicht so darüber aufregen, dass Weinbauern ihre Tröpfchenbewässerung ausgerechnet in der heißen Mittagszeit aufdrehen müssen statt in der Nacht. Dabei klingt es ziemlich bescheuert, zu wässern, wenn am meisten verdunstet. Aber wie heißt es in Bayern? „Wer ko, der ko“. Ich halte mich jedenfalls raus, erst recht, wenn am Tisch das Wort Wasserklau die Runde macht.

Aber eines weiß ich: wann es zuletzt richtig aus Kübeln schüttete. Ende Juni war das. Denn da stand ein Tanklaster im Hof und pumpte ein paar Tausend Liter Heizöl in den Keller – zum Gegenwert eines fabrikneuen Kleinwagens. Der Lieferant und ich waren völlig durchweicht. Fast täglich denke ich an den Guss, immer wenn ich den Sprenger aufdrehe, um die Gurken und Tomaten, die Auberginen und Zucchini zu gießen, die im Gemüsegarten eben reif werden. Oder wenn mir einfällt, dass ich wieder vergessen habe, den Sprenger abzudrehen, wie diese Nacht um zwei. Da hat mich der Gedanke aus dem Schlaf geholt. Schon im Juni ist das Wasser im Garten mal eine ganze Nacht gelaufen. Das Gemüse aber ist gut geraten und üppig gewachsen, ich bereite damit täglich große Schüsseln mit Schmorgurken und Tomatenbrotsalat zu.

Das Wasser, mit dem ich gieße, kostet mich nichts. Ich habe ein Gasthaus mit einem eigenen, ziemlich wasserreichen Brunnen gepachtet. Dass das ein Schatz ist, und was für einer, das haben mir die Herren vom Stammtisch ­inzwischen ganz genau auseinandergesetzt.

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