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Terrorermittlungen gegen Khan

In Pakistan geht der Machtkampf mit dem im April gestürzten damaligen Regierungschef Imran Khan mit Einleitung eines Terrorismusverfahrens weiter. Er hatte eine Richterin und Polizisten verbal bedroht

Der als Reformer angetretene Ex-Cricket-Star hatte das Vertrauen des Militärs verloren

Von Sven Hansen

Pakistans Polizei wirft Ex-Premierminister Imran Khan Terrorismus vor. Am Montag wurde deshalb ein Strafermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Bereits am Sonntag war gegen den 69-Jährigen Anzeige erstattet worden. Darauf sammelten sich am Abend einige Hundert Anhänger vor seinem Haus in Islamabad, um eine mögliche Verhaftung zu verhindern. Am Montag rief Khans Partei Tehreek-e-Insaf (PTI) weitere Anhänger auf, zu Khans Schutz dorthin zu strömen.

Während Khan sich bisher nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert hat, entschied ein Richter des Obersten Gerichts in Islamabad am Montag, dass Khan bis zum 25. August nicht festgenommen werden dürfe. Die PTI hatte für den Fall einer Festnahme Khans, die der frühere Außenminister Shah Mehmood Qureshi als „rote Linie“ bezeichnete, bereits landesweite Proteste angekündigt.

Khan hatte am Samstag in einer Rede der Polizei vorgeworfen, seinen engen Mitarbeiter Shehbaz Gill nach dessen Festnahme gefoltert zu haben. Der hatte bei einem TV-Auftritt Soldaten aufgefordert, sich illegalen Anordnungen der Militärführung zu widersetzen. Darauf wurde er mit dem Vorwurf des Hochverrats festgenommen, was mit der Todesstrafe geahndet werden kann.

Später wurde auch der Journalist festgenommen, der den Vorwurf der Folter Gills erstmalig erhoben hatte. Der Innenminister wie die Polizei hatten den Vorwurf zurückgewiesen. Doch Khan wiederholte ihn nicht nur in seiner Rede am Samstag, sondern drohte auch der an der Verhaftung beteiligten Richterin und den entsprechenden Polizisten mit juristischen Schritten und zugleich indirekt mit dem Zorn seiner Anhänger. Dafür könnte er jetzt mehrere Jahre Haft bekommen.

Der 2018 zum Premier gewählte frühere Cricket-Star Khan war im April vom Parlament per Misstrauensvotum gestürzt worden. Der als Reformer gegen das Politestablishment angetretene Populist hatte die Unterstützung des mächtigen Militärs verloren. Das zieht in dem Land mit 220 Millionen Einwohnern die Fäden hinter den Kulissen. Es ermutigte einen kleinen Koalitionspartner zum Ausstieg aus der Regierung und die bisherige Opposition zum Misstrauensvotum.

Schon im April hatte Khan mit Massenprotesten und einer Parlamentsblockade versucht, seinen Sturz zu verhindern. Doch konnte er längst nicht so große Massen mobilisieren, wie er damals großspurig angekündigt hatte. Ihm war die schwere Wirtschaftskrise zum Verhängnis geworden. Sein Versuch, seinen Sturz auf eine Verschwörung der USA gegen ihn zurückzuführen, war wenig glaubwürdig. Zugleich verweigerte sich die neue Koalitionsregierung Khans Vorschlag vorgezogener Wahlen. Die müssen regulär erst im nächsten Jahr abgehalten werden.

Doch zuletzt hatte Khans Partei bei längst terminierten Regional- und Lokalwahlen überraschend gut abgeschnitten, während die Regierung seines konservativen Nachfolgers Shehbaz Sharif, der aus einer Politik- und Industriedynastie stammt, mit der Wirtschaftskrise zu kämpfen hat. Noch verhandelt die Regierung mit Gläubigern wie dem internationalen Währungsfonds (IWF). Die jetzt wieder aufflammende politische Krise dürfte Gift für die Wirtschaft sein.

Doch Khan wittert jetzt Morgenluft und wurde zuletzt in seiner Rhetorik aggressiver. Die Medienaufsichtsbehörde verbot darauf am Samstag alle Liveübertragungen seiner Reden. Khan geißelte dies als „groben Verstoß gegen die Pressefreiheit“. Der große Showdown zwischen ihm und der Regierung steht noch bevor.

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