Lou Zucker Hot und hysterisch
: Lasst uns Dating weniger wichtiger nehmen

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Zum Abschluss dieser Dating-Kolumne möchte ich gern noch einmal sagen: Lasst uns Dating weniger wichtig nehmen. Flirten, verliebt sein, romantische Beziehungen – all das kann wunderschön sein. Aber der Stellenwert, den es in unserer Gesellschaft einnimmt, steht in keinem Verhältnis. Ich wünsche mir eine Welt, in der romantische Beziehungen nicht mehr als die Nummer-eins-Voraussetzung für ein erfülltes Leben gelten.

Single sein wird als bemitleidenswerter Zustand angesehen, der so schnell wie möglich überwunden werden muss. Mit diesem Narrativ verdient der ständig wachsende Markt der Dating-Apps eine Menge Geld. Doch was soll das überhaupt heißen: Single? Der Begriff suggeriert, Menschen ohne romantische Partnerschaft seien ganz allein im Universum. Klar, dass diese Vorstellung Angst macht. Gerade jungen Mädchen wird von klein auf eingebläut, der Sinn ihrer Existenz bestünde darin, ihren Traumprinzen zu finden. Singlemänner können sich mit zunehmendem Alter immer noch als freiheitsliebend und abenteuerliebend verkaufen. Doch je älter Frauen ohne romantische Partnerschaft werden, desto mehr gelten sie als gescheitert.

Das löst enormen Druck aus. Er kann dazu führen, dass wir unsere Erwartungen an Partnerschaft bis in die Kanalisation herunterschrauben und in unbefriedigenden Beziehungen verharren. Wir lernen, dass all das besser ist, als keine Beziehung zu haben. In „Radikale Zärtlichkeit“ nennt Şeyda Kurt das „toxische Romantik“: Alles wird dem Ideal der romantischen Liebe untergeordnet. Es reicht, sich einmal im Freun­d:in­nen­kreis umzuhören, um all diese Erzählungen zu widerlegen. Die meisten verpartnerten Menschen, die ich kenne, sind manchmal verliebt und glücklich, manchmal aber auch todunglücklich. Romantische Beziehungen bringen fast immer auch Konflikte mit sich. Wer in ih­rer:­s­ei­ner Partnerschaft gerade zufrieden ist, ist das außerdem nicht automatisch auch in allen anderen Lebensbereichen.

Die Fünftage­vorschau

Mi., 24. 8.

Sophia Zessnik

Great

Depression

Do., 25. 8.

Hengameh

Yaghoobifarah

Habibitus

Fr. 26. 8.

Ambros Waibel

Das bisschen

Haushalt

Mo., 29. 8.

Isabella

Caldart

Gossip Girl

Di., 30. 8.

Simone

Dede Ayivi

Diskurspogo

kolumne @taz.de

Ich wünsche mir eine Welt, in der wir romantische Beziehungen als eine von vielen möglichen Beziehungsformen sehen. In der romantische Liebe oder Sex nicht mehr ist, als eine von vielen Möglichkeiten, Glück, Euphorie oder Verbundenheit zu empfinden. Neben: Tanzen, sich von einem Bergpanorama überwältigen lassen, ein tiefes Gespräch führen. Und natürlich: Freund:innenschaften. Der:­die Poe­t:in und Per­for­me­r:in Alok Vaid-Menon postet jedes Jahr zum Valentinstag ein Gedicht, das mich sehr berührt. Darin steht unter anderem: „Ich möchte eine Welt, in der wir die Namen all unserer besten Freun­d:in­nen auflisten können, wenn wir gefragt werden, ob wir mit jemandem zusammen sind, und niemand mit der Wimper zuckt.“ Eine solche Welt wäre nicht nur für sogenannte Singles ein wertschätzenderer Ort. Auch Menschen in Partnerschaften könnte es mehr Unabhängigkeit verschaffen, zu wissen: Es gibt viele lebens­werte Alternativen.