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„Alte Instrumente haben immer viel Platz in meinen Produktionen“

Die Hamburger Sängerin Miu erhebt ihre Stimme auch in Braunschweig

Foto: Zaucke

Miubürgerlich Nina Graf, ist Sängerin und Dozentin an der Hamburg School of Music. Ihr drittes Album, „Modern Retro Soul“ erreichte 2019 eine Chartplatzierung.

Interview Ben Reddig

taz: Hallo Miu, Ihnen ist es wichtig, sich in ­Ihrer Musik gesellschaftlich zu positionieren, beispielsweise mit einem Video gegen NS-Verharmlosungen durch Corona-Leugner*innen. Was treibt Sie dazu an?

Miu: Themen, die mich ganz persönlich auch interessieren und beeinflussen, verarbeite ich natürlich auch in meiner Musik. Ich finde es total wichtig, wenn man als Künstler oder Künstlerin eine Stimme hat, dass man die auch sinnvoll nutzt. Deswegen mache ich das manchmal.

Wünschen Sie sich mehr Künst­le­r*in­nen mit Haltung?

Ich würde keinem Künstler oder keiner Künstlerin vorschreiben wollen, worüber man Musik zu machen hat. Und jede Musik hat ihre Berechtigung, auch wenn sie nur unterhalten soll. Wir haben auch viele Songs, die einfach unterhaltend sind. Aber natürlich finde ich das schön, wenn man seine kleine Öffentlichkeit sinnvoll nutzt. Jeder soll machen, was er für richtig hält.

Sie fordern auch eine bessere Förderung von Musikerinnen: Was läuft da falsch?

Wir haben immer noch eine strukturelle Benachteiligung von Künstlerinnen. Das sieht man regelmäßig, wenn man auf Festivalplakate guckt. Da sind oft wenige Frauen vertreten, obwohl es dafür keine objektiven Gründe gibt, denn es gibt diese Künstlerinnen. Da würde ich mir auf jeden Fall wünschen, dass man im ­Booking diese Plätze fairer verteilt.

Und außerhalb von Festivals?

Auch in Playlisten, im Radio, im Airplay wäre es schön, wenn man mehr darauf achten würde, eine faire Verteilung von solchen Plätzen zu haben.

Der Auftritt, der Sie dazu gebracht hat, alles auf die Karte Musikkarriere zu setzen, fand in einem kleinen New Yorker Club statt…

Das Erlebnis, in New York zu spielen, war auf jeden Fall prägend. Für mich war danach klar, dass ich das gerne beruflich machen möchte. Deswegen habe ich dann meinen alten Job an den Nagel gehängt.

Wie kam es denn zu dem Auftritt?

Ich habe eine Reise nach New York gemacht und mich gefragt, was ich dort machen möchte. Und da ich zu dem Zeitpunkt schon etwas Musik gemacht habe, wollte ich gerne dort auftreten und habe den Club angeschrieben.

Haben Sie es jemals bereut, sich danach nur auf die Musik konzentriert zu haben?

Konzert: Miu & Band, Braunschweig, Open Air Sommer 2022, Wolters Applaus Garten, 19 Uhr

Nein, habe ich nicht. Es war mit Sicherheit während der Coronakrise nicht leicht, und auch jetzt ist es immer noch eine Herausforderung, weil es auch so wenig Sicherheiten gibt. Aber den Schritt habe ich nie bereut.

Warum sind Ihnen analoge, „echte“ Instru­mente so wichtig?

Ich verbinde auch durchaus Sachen aus dem Computer, aber alte und schöne Instrumente haben auf jeden Fall immer ganz viel Platz in meinen Produktionen. Weil das auch die Musik meiner Helden ist, meine musikalische Gesinnung. Und außerdem finde ich, dass Instrumente eine Art Mojo haben, was der Computer nicht hat.

Sie haben es mit Ihrem Doppelalbum „Modern Retro Soul“ ohne Label in die Charts geschafft. Braucht man als Künst­le­r*in überhaupt noch Labels?

Nein, das würde ich nicht sagen. Labels haben auf jeden Fall ihre Berechtigung, sofern sie sich gut um einen Künstler kümmern. Aber für mich war es wichtig, ein Album ohne Kompromisse zu machen und dann war es der sinnvollere Weg, das selbst zu machen.

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