Entscheidung gegen Carsharing-Regeln: Anreize steuern Carsharing besser

Hätte Berlin versuchen sollen, Carsharing stärker zu regulieren? Ja, auf jeden Fall. Aber auch andere Ansätze versprechen hier Erfolg.

Autoheck mit Schrift "ShareNow"

Dürfen erst mal weiter einfach rumstehen: Autos des Anbieters ShareNow Foto: imago images

Das war natürlich abzusehen: Die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts zugunsten der Carsharing-Anbieter WeShare und Share Now nutzte die Opposition, um der Verkehrsverwaltung eins reinzuwürgen. „Krachend gescheitert“ sei Senatorin Bettina Jarasch (Grüne) mit ihrer „handwerklich schlecht gemachten“ Straßengesetz-Novelle, und dafür geradestehen müssten „wieder mal Berlins Steuerzahler“.

Das kann man auch anders sehen. Erst einmal ist gar nicht klar, ob die Entscheidung, mit der das Gericht auf den Eilantrag reagierte, vor der nächsten Instanz Bestand hat – wenn die Senatsverwaltung Beschwerde dagegen einlegt. Zwei Sichtweisen stehen sich gegenüber: auf der einen Seite die, nach der die vom Bund per StVO geregelten Tatbestände einer Sondernutzung öffentlicher Straßen nicht vom Land ausgehebelt werden kann – und nach der auch das Abstellen von Carsharing-Fahrzeugen als normaler Parkvorgang und eben nicht als Sondernutzung gilt.

Auf der anderen Seite die Argumentation des Senats, der im Anbieten der Mietfahrzeuge auf öffentlichem Straßenland einen „über den Gemeingebrauch hinausgehenden gewerblichen Zweck“ erkennt. Beide Sichtweisen haben ihre Plausibilität. Und sollte eine zweitinstanzliche Entscheidung ebenfalls zu ungunsten des Senats ausgehen, wäre immerhin ein starkes Zeichen gesetzt, dass der Bund seine Regulierungen anpassen muss – so wie zuletzt beim Mietendeckel. Aus einer strittigen Rechtslage zu folgern, Politik solle lieber nichts entscheiden, als das Risiko einer Niederlage einzugehen, ist jedenfalls keine hilfreiche Idee.

Aber hatte Rot-Rot-Grün (das die Novelle noch auf den Weg brachte) denn in der Sache recht? Muss das Aufkommen von Carsharing-Fahrzeugen wirklich stärker reguliert werden? Auch das keine so einfach zu beantwortende Frage: Wenn jemand wie der Mobilitätsforscher Andreas Knie, der für progressive Ideen und die Verkehrswende steht, den Senat hier auf dem „Holzweg“ wähnt, hat das Gründe.

Warum nicht dafür zahlen?

Auch wenn die Absicht eine gute ist – die Anbieter sollen mehr elektrische Autos bereitstellen, auch fernab der Innenstadt tätig werden oder eine Beschwerde-Hotline bei Falschparkern einrichten –, man kann auch, so Knies Meinung, mit Anreizen arbeiten anstatt mit einem Regelkorsett. Warum sollte das Land nicht den Anbietern etwas dafür zahlen, dass sie auch jenseits des S-Bahn-Rings ihre Fahrzeuge anbieten? Der Betrieb von Bussen rechne sich dort auch nicht von alleine.

Einen Punkt haben in jedem Fall die Behinderten- und Fußverkehrsverbände, die aus einer ganz anderen Richtung kommend mit einer Klage drohen: Sie weisen mit Blick auf die E-Scooter darauf hin, dass laut Straßengesetz keine Sondernutzung erteilt werden kann, wenn behinderte Menschen beeinträchtigt werden. Und dass das der Fall ist, lässt sich nur schwerlich bestreiten.

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Jahrgang 1969, lebt seit 1991 in Berlin. Seit 2001 arbeitet er mit Unterbrechungen bei der taz Berlin, mittlerweile als Redakteur für die Themen Umwelt, Mobilität, Natur- und Klimaschutz.

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