Krieg in der Ukraine: Schwere Kämpfe an mehreren Fronten

Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine bleibt Ziel russischer Dauerangriffe. Im Süden des Landes läuft eine ukrainische Gegenoffensive nahe Cherson.

Flammen im Azot-Chemiewerks in Sjewjerodonezk

Flammen und Rauch nach einem russischen Militärschlag auf das Azot-Chemiewerk in Sjewjerodonezk Foto: Oleksandr Ratushniak/reuters

BERLIN taz | Seit drei Monaten versucht Russlands Armee, die einst 100.000 Einwohner zählende Industriestadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine einzunehmen – und noch immer beißt sie sich daran die Zähne aus. Zwar ist von der schwer bombardierten Stadt kaum noch etwas übrig, alle Verbindungsstraßen ins Umland sind zerstört, fast alle Zivilisten sind geflohen oder tot oder haben sich im Keller des Azot-Chemiewerks verschanzt – aber noch immer hat Russland nicht die volle Kontrolle übernommen.

Präsident Wolodimir Selenski

„Wir werden den Süden niemandem überlassen, und alles, was uns gehört, werden wir uns zurückholen“

Am Sonntag stand die Stadt weiterhin unter russischem Beschuss und die Ukraine meldete erneut, Angriffe zurückgeschlagen zu haben. „Der Kampf um die vollständige Kontrolle über die Stadt geht weiter“, erklärte der ukrainische Generalstab Sonntag früh in seinem Tagesbericht.

Militärische Fachkreise gehen davon aus, dass in der Schlacht um die letzte noch von der Ukraine kontrollierte Stadt der Region Luhansk vor allem altes Kriegsgerät zum Einsatz kommt. Ein Rückzug kommt für beide Seiten aus Prestigegründen nicht in Frage, aber entscheidend für den Kriegsverlauf ist die Schlacht um Sjewjerodonezk nicht mehr.

Das bedeutendere Kriegsgeschehen scheint sich vom Osten in den Süden der Ukraine verlagert zu haben. Eine vor mehreren Wochen von der Ukraine begonnene Offensive zur Rückeroberung des zu Kriegsbeginn weitgehend kampflos von Russland besetzten Distrikts Cherson nimmt allmählich Fahrt auf. Ukrainischen Angaben zufolge wurde am Sonntag nur noch etwa elf Kilometer von Cherson entfernt gekämpft. Die ukrainischen Einheiten rücken aus der Region um die Hafenstadt Mikolajiw vor. Ukraines Präsident Wolodimir Selenski reiste am Samstag nach Mikolajiw und stattete an einem geheimen Ort den Kampftruppen einen Frontbesuch ab: „Wir werden den Süden niemandem überlassen, und alles, was uns gehört, werden wir uns zurückholen“, sagte er.

Auf sozialen Netzwerken wurden am Sonntag Flugblätter veröffentlicht, die die Bevölkerung Chersons zum Aufstand gegen die Besatzer aufrufen und die kommende Befreiung ankündigen. Zuletzt kam es in der Stadt immer wieder zu friedlichen Protesten gegen die russische Besatzung.

Als sogenannten Entlastungsangriff hat Russland nun neue Angriffe im Nordosten der Ukraine gestartet – in der Grenzregion um die Millionenstadt Charkiw. Dort hatte die Ukraine die meisten von Russland eroberten Gebiete im April zurückerobert. Nun sind russische Truppen wieder zum Angriff übergangen, was die Ukraine von den anderen Fronten ablenken soll. Es wurden laut russischen Angaben auch Ziele in Charkiw sowie in Mikolajiw mit Raketen beschossen.

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