Rückschlag für Investor: Bremer City wird wieder befreit
Der Senat entzieht Bauinvestor Kurt Zech das Parkhaus Mitte wieder: Er habe den Umbau nicht vorangetrieben. Das eröffnet auch Chancen.
Jetzt fällt alles in sich zusammen: Der Senat macht einen Rückzieher und nimmt Kurt Zech das bereits verkaufte Parkhaus Mitte wieder ab. Der Weser Kurier hatte bereits am Donnerstag darüber berichtet. Am Dienstag hat der Senat die Nachricht offiziell werden lassen und in seiner Sitzung die Entscheidung gegen Zech getroffen. Der nämlich hatte das einstige Lieblingsprojekt zuletzt gar nicht mehr verfolgt – und die Stadt in einer langen Warteschleife zurückgelassen.
2017 war der Investor mit seiner Vision an die Bremer Öffentlichkeit gegangen; den Riesenkomplex der Gebäude von Galeria Kaufhof, dem Parkhaus Mitte und Karstadt wollte er abreißen und neu gestalten, um so „das Herz der City“ neu zu beleben.
Obwohl von Anfang an vieles im Vagen blieb – angedacht war „ein System von Passagen“, das eine Art Rundweg in der City ermöglichen sollte, sowie mehr kleine Ladengeschäfte – waren die Vorschusslorbeeren für Zech groß: Alle Fraktionen außer der Linken forderten den Senat 2017 auf, die Zech-Pläne zu unterstützen. Verkehrsminister Joachim Lohse (Grüne) sprach vom städtebaulichen „Durchbruch“.
Kurt Zech bekam Parkhaus ohne Ausschreibung
Und Vertreter anderer Bremer Unternehmen proklamierten angesichts der Pläne eine „schöne neue Welt“ und beschrieben Zech als „Lichtgestalt“. Noch 2019 titelte der Weser Kurier „Zech rockt die City“ angesichts einer angeblichen Einigung mit dem Eigentümer der Kaufhof-Immobilie.
Denn zum Zeitpunkt der ersten Idee gehörte aus dem verplanten Dreier-Ensemble nur das Karstadt-Gebäude zur Zech Unternehmensgruppe; die Stadt aber vertraute ihm. Die allgemeine Begeisterung führte dazu, dass die Stadt sogar auf ein Vergabeverfahren verzichtete und das benötigte Parkhaus einfach direkt an die „Günther Zech Stiftung“ (GZS) verkaufte.
Eigentlich schreiben EU-Regelungen eine europaweite Ausschreibung vor – davon abzusehen war nur möglich, weil Zech als der Einzige galt, der die Pläne umsetzen konnte. „Er besitzt mit dem Karstadt-Haus ein Schlüsselgrundstück für das Vorhaben“, erklärt Jens Tittmann, Sprecher der Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) das aus heutiger Sicht.
In der Vergangenheit gab es Vorwürfe auf Bestechung
Eine durchaus brisante Entscheidung: Schließlich hat die Bremer Verwaltung eine umstrittene Historie mit dem Investor. In den 1990er und frühen 2000er Jahren wurden von der Stadt sieben Premiumaufträge an die Firma Zechbau vergeben – jeweils ohne Ausschreibung. Bis 2007 kam es daraufhin zu Gerichtsverfahren wegen Bestechlichkeit gegen Angestellte der Verwaltung.
Auch gegen Kurt Zech selbst ermittelte die Staatsanwaltschaft. Nachgewiesen wurde nur die Bestechlichkeit eines Stadtangestellten – auf der „Geberseite“, bei der Zech Gruppe also, konnte damals niemand verurteilt werden.
Planungen zur neuen Innenstadt liefen träge
Der Druck, das Parkhaus möglichst schnell und unbürokratisch zu verkaufen, kam von Zech selbst. „Mir dauert das schon wieder ein bisschen zu lange“, drängelte er die Regierenden einige Monate nach der ersten Idee zu einer festen Zusage. Doch nach dem Verkauf für etwa 14 Millionen Euro kurze Zeit später hielt sich Zech selbst an keinerlei Zeitpläne mehr.
Die Zech-Gruppe verpasste es, sich mit dem Eigentümer des Kaufhof-Gebäudes, der DIC-Immobilienfirma aus Frankfurt, zu verständigen. Vermutlich scheiterten die Verhandlungen auch am Preis: Investor Zech hoffte wahrscheinlich, nach der Fusion von Galeria Kaufhof und Karstadt das Gebäude als Leerstand billig zu bekommen.
Doch die alte Immobilie steht nicht so leer, wie es alle erwartet hatten: Die Eigentümer DIC konnten den Möbelhändler Opti als Ankermieter anziehen, der nun zentral in der Innenstadt Sofas, Betten, Schränke, Deko verkauft – und so den Preis für das Gebäude nach oben treibt.
Immer wieder gewährte die Stadt Zech Aufschub, zuletzt mit der Möglichkeit, auch ein kleineres Projekt als ursprünglich verabredet zu realisieren – ohne das alte Kaufhof-Gebäude abzureißen. Doch der Investor ließ auch die Chance auf ein neues Planungs- und Werkstattverfahren verstreichen.
Chance für die Stadt, die City selbst zu entwickeln
Mit der Rückabwicklung des Kaufvertrags für das Parkhaus hat der Senat jetzt die Reißleine gezogen. Für die Stadt entstehen damit auch neue Möglichkeiten: Durch eine europaweite Ausschreibung wird die Verwaltung die Möglichkeit bekommen, später auch selbst als Mieter in neu entstehenden Strukturen zu ziehen – bei einer exklusiven Vergabe an einen Investor wäre das aufgrund der Sorge um Vorteilsnahme nicht erlaubt gewesen. Aktuell liegt das Bürgeramt nur wenige Meter von den betroffenen Grundstücken entfernt.
Und schließlich könnte die Stadt auch einfach auf eine Ausschreibung verzichten, die Fäden in der Hand behalten – und als Entwickler selbst versuchen, die Attraktivität der Bremer Innenstadt zu steigern. Immerhin: Die Option darauf wird in der Presseerklärung des Senats ausdrücklich propagiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf
Getöteter General in Moskau
Der Menschheit ein Wohlgefallen?
Wirtschaft im Wahlkampf
Friedrich Merz und die Quadratur des Kuchens
Ministerpräsidentenwahl in Sachsen
Der Kemmerich-Effekt als Risiko