Revolte in der AfD abgesagt

Die vermeintlichen Gemäßigten gehen geschwächt in den Bundesparteitag

Der Weg zum Führerprinzip ist bereitet: Künftig soll auch eine Einzelspitze möglich sein

Aus Riesa Gareth Joswig

AfD-Chef Tino Chrupalla wollte in seiner Eröffnungsrede auf dem Bundesparteitag in Riesa integrieren. „Wir wollen die destruktive Stimmung der Vergangenheit hinter uns lassen“, sagte er. Es müsse ein Vorstand gewählt werden, der kollektiv und vertrauensvoll zusammenarbeite, dazu gehörten Disziplinierung und „Herausforderungen im Osten genau so wie im Westen“. Eine inhaltliche Idee, wie man den AfD-Abwärtsstrudel aus Mitgliederschwund, Wahlniederlagen und Streitigkeiten aufhalten will, nannte er nicht. Und bekam dann auch nur verhaltenen Applaus.

Seit Freitagvormittag tagt die extrem rechte AfD in einer riesigen Mehrzweckhalle in der sächsischen Kleinstadt Riesa. 565 Delegierte sind zugelassen. Chrupalla will wiedergewählt werden und im Vorstand einen erneuten Rechtsruck herbeiführen. Sollten er und sein Team durchkommen, hätte die völkische Strömung die Mehrheit im wichtigsten Parteigremium. Die alte Mehrheit der vermeintlich Gemäßigten um Ex-Mitglied Jörg Meuthen wäre dahin.

Der Rechtsruck schien bereits vor der für Freitagabend und Samstag geplanten Vorstandswahl greifbar: Die große Revolte gegen Chrupalla war abgeblasen – die Meuthen-Vertraute aus dem alten Vorstand Joana Cotar, die Chrupalla nach den kürzlichen Wahlniederlagen heftig kritisiert und seinen Rücktritt gefordert hatte, sagte der taz vor Parteitagsbeginn, dass sie nicht wieder antreten werde. Sie rechne damit, dass die Liste von Chrupalla in großen Teilen durchgewählt werde. „Ich werde mich jetzt auf die Digitalpolitik konzentrieren, das macht ohnehin mehr Spaß als Vorstandsarbeit“, sagte Cotar. Sie hätte auch mit einer weißen Fahne in den Saal kommen können.

Der Weg zum Führerprinzip ist schon mal bereitet: Als erste wichtige Entscheidung stimmte der Parteitag am Freitagnachmittag für einen Antrag der Völkischen, dass künftig auch eine Einzelspitze statt der bisherigen konfliktträchtigen Doppelspitze möglich sein soll. Zuvor hatte sich Rechtsex­tremist und Thüringen-Chef Björn Höcke dafür ausgesprochen. Die Entscheidung fiel ohne Delegierte aus Berlin, die nach einem Urteil des Bundesschiedsgerichts wegen Wahlmanipulation bei der Aufstellung nicht teilnehmen durften.Auch Saarländer fehlten, deren Parteitag war gescheitert.