Präsidentenwahl im Weltboxen: Russischer Triumph

Der Internationale Boxverband IBA wählt den Russen Umar Kremlew erneut zum Präsidenten. Er setzt damit seinen olympischen Status aufs Spiel.

Umar Kremlew vor einer Bachsteinfassade am Roten Platz in Moskau

Russischer Sportbotschafter: Umar Kremlew bei einer Rede auf dem Roten Platz in Moskau Foto: itar-tass/imago

Umar Kremlew bleibt Präsident des Internationalen Boxsportverbands IBA. Per Akklamation wurde der Russe bei der Vollversammlung des Verbands am Rande der Weltmeisterschaften im Frauenboxen in Istanbul wiedergewählt. Die IBA, die ihrem eigenen Anspruch zufolge Vertreterin des olympischen Boxens ist, wird damit weiterhin von einem russischen Funktionär geleitet. Nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine waren wie in anderen von Russen geführten Verbänden Forderungen nach einem Rückzug Kremlews laut geworden.

Der Multimilliardär Alischer Usmanow, der dem Internationalen Fechtverband vorsitzt und auf Sanktionslisten der meisten westlichen Länder steht, lässt sein Amt mittlerweile ruhen. Der nicht minder reiche russische Stahlbaron Wladimir Lisin bleibt dagegen standhaft an der Spitze des Internationalen Schießsportverbands ISSF. Und Kremlew, dessen Vergangenheit als Mitglied der nationalistischen Rockergruppe „Nachtwölfe“ nicht allzu viele Vertreter der IBA-Mitgliedsverbände gestört hatte, als er sich Ende 2020 das erste Mal zur Wahl gestellt hatte, ist nun gar wiedergewählt worden.

Möglich geworden war die Wiederwahl auch deshalb, weil der Niederländer Boris van der Vorst, der gegen Kremlew kandidieren wollte, nicht zur Abstimmung zugelassen worden war. Eine „Boxing Independent Integrity Unit“, die der Verband bei seiner letzten Tagung ins Leben gerufen hatte, entschied, dass van der Vorst nicht antreten darf.

Er soll die Werbetrommel zu einem Zeitpunkt für sich gerührt haben, als die offizielle Wahlkampfperiode noch nicht begonnen hatte. Das Urteil des Gremiums, dem ausgerechnet Piermarco Zen-Ruffinen, ein ehemaliger Fifa-Funktionär und Vertrauter des langjährigen Fifa-Präsidenten Sepp Blatter, vorsteht, hatte das Urteil so knapp vor der Abstimmung verkündet, dass der Niederländer keine Möglichkeit mehr hatte, rechtzeitig vor der Abstimmung die Sportgerichtsbarkeit anzurufen, um den Entscheid anzufechten. Das Internationale Sportschiedsgericht Cas, an den sich van der Vorst gewandt hatte, wird sich später mit dem Fall befassen.

Am Geldhahn

Warum Kremlew die Wahl gewonnen hat, liegt auf der Hand. Er hatte einen Sponsorenvertrag mit dem russischen Staatskonzern Gazprom im Gepäck, als er 2020 kandidierte. Mit Gasmillionen füllte er die Kassen des zuvor notorisch blanken Verbandes. Auch die Mitgliedsverbände profitierten von den Zahlungen. Vor der Wahl an diesem Wochenende kündigte Kremlew an, er werde seine Zusagen auch weiter einhalten. Damit wollte er Zweifel aus dem Weg räumen, der Geldhahn des Gasriesen könne angesichts des Kriegs in der Ukraine abgedreht werden.

Schon vor der Wahl hatte das Internationale Olympische Komitee mitteilen lassen, dass eine Wiederwahl Kremlews beim Unterfangen der IBA, die Zuständigkeit für das olympische Boxturnier zurückzuerlangen, nicht hilfreich wäre. Das war dem Verband nach etlichen Korruptions- und Manipulationsaffären 2019 entzogen worden.

Gut möglich, dass die IBA nach der Entscheidung für Kremlew weiter außen vor bleiben wird. Das IOC jedenfalls teilte dem britischen Sportportal insidethegames.biz auf Nachfrage mit, dass die Vorkommnisse rund um die Hauptversammlung der IBA, vor allem die Wahl, einer sorgfältrigen Analyse bedürfen und „Fragen und Zweifel an der Führung des Verbands aufgeworfen“ hätten.

So wie es jetzt aussieht, hat sich die IBA bei der Wahl zwischen blutigem Geld und dem Olympiastatus erst einmal entschieden.

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