Haushaltsmittel für „Extremismusstudie“: Seehofer weg, Studie kommt

Die Ampel bringt eine Untersuchung zu Rassismus in Sicherheitsbehörden auf den Weg. In der alten Regierung war das Thema lange umstritten.

Gebäude des Innenministerium in Berlin

Das Innenministerium in Berlin Foto: Arnulf Hettrich/imago

BERLIN taz | Die Ampelkoalition hat eine neue Studie zu extremistischen Einstellungen in Sicherheitsbehörden auf den Weg gebracht. Im Haushaltsausschuss des Bundestags haben die Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP am Mittwoch zusammen mit den Stimmen der Linken einen entsprechenden Änderungsantrag zum Etatentwurf für das Innenministerium beschlossen.

Unter dem Schlagwort „Extremismusstudie“ sieht er 800.000 Euro für eine Untersuchung „zur inneren Verfasstheit von Einrichtungen und ihren Beschäftigten“ vor. In der Begründung heißt es, staatliche Institutionen müssten „zweifelsfrei auf der Grundlage unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung agieren und jeder Form der gruppenbezogenen Diskriminierung entschieden entgegentreten“. Dafür seien „unabhängige wissenschaftliche Erkenntnisse“ wichtig.

Zuletzt hatte die Große Koalition lange über eine Studie zu Rassismus in Polizeibehörden gestritten. Der damalige Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich gegen eine solche Studie gewehrt. Letztendlich gab sein Haus Ende 2020 an der Deutschen Hochschule der Polizei eine Studie in Auftrag, in der es um die Motive bei der Berufswahl, den Berufsalltag und um Gewalt gegen Po­li­zis­t*in­nen gehen sollte. Sie ist mittlerweile angelaufen und bis ins Jahr 2024 angelegt.

Die Studienleiterin, die Kriminologin Anja Schiemann, betont zwar, ihre Arbeit sei „ergebnisoffen“ und frei von politischen Vorgaben. Der Hochschule zufolge handelte es sich bei der Untersuchung aber explizit „nicht um die von der Öffentlichkeit geforderte sogenannte Rassismusstudie“.

Daher plant die Ampel jetzt die neue Studie, die sich nicht nur auf Polizeibehörden konzentrieren soll, dafür aber einen eindeutigen inhaltlichen Fokus bekommt. „Die Untätigkeit und Verharmlosungen vergangener Innenminister hat eine gewaltige Sicherheitslücke hinterlassen. Diese Zeit der Bagatellisierung und des Wegsehens ist endlich vorbei“, sagte die Grünen-Abgeordnete Jamila Schäfer der taz.

„Stärkt das Vertrauen“

Die Studie solle „aufklären, wie weitverbreitet rassistische Einstellungen und verfassungsfeindliche Netzwerke in unseren Sicherheitsbehörden, zum Beispiel bei der Polizei und im Verfassungsschutz, sind“, so Schäfer weiter. Das stärke das Vertrauen der Bür­ge­r*in­nen in den Staat und entlaste die „große Mehrheit der Beamtinnen und Beamten, die ihre Arbeit auf dem Boden unserer Verfassung leisten“. Weitere Details des Vorhabens sind noch nicht ausgearbeitet.

Ein weiterer angenommener Änderungsantrag sieht vor, die Mittel der Bundeszentrale für politische Bildung um über 5 Millionen Euro zu erhöhen. Das Geld soll unter anderem für Projekte gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung eingesetzt werden. Außerdem soll der Verein Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte erstmals staatlich mitfinanziert werden. Ein entsprechender Topf wird um 372.000 Euro erhöht.

Der Verein unterstützt ehemalige afghanische Mit­ar­bei­te­r*in­nen der Bundeswehr und anderer deutscher Stellen, die in Deutschland Zuflucht suchen. Bisher arbeitete er rein spendenfinanziert. Laut einer Antwort der Regierung auf eine Linken-Anfrage sind seit vergangenem Jahr knapp 12.000 Ortskräfte und deren Angehörige in Deutschland angekommen, beinahe genauso viele sind trotz Anerkennung noch nicht evakuiert. Einige sind nach Kenntnis der Bundesregierung inzwischen tot.

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