Förderung für Kultur und Wirtschaft: Und tschüss, Corona!

Der Berliner Senat legt ein 330 Millionen Euro schweres „Neustart“-Programm auf. Das Nachtleben Berlins ist noch weit von der „Normaliät“ entfernt.

Puppen sitzen im Zuschauerraum eines Theaters

Sie testen, was Zuschauer ausatmen: Aerosol-Untersuchung der TU und der Uni Halle Foto: dpa

BERLIN taz | Franziska Giffey hat wieder ihre Lieblingsadjektive mitgebracht. „Stark und gut loslegen“ sollen die von der Coronapandemie gebeutelten Berliner Branchen, nun, da die meisten Schutzmaßnahmen aufgehoben werden, verkündet die Regierende Bürgermeisterin. „Super“ und „toll“ nimmt die SPD-Politikerin am Montag auch noch in den Mund bei der Vorstellung des „Neustart“-Programms des Senats für die Wirtschaft, darunter auch die Kulturwirtschaft.

Giffeys Botschaft: Das Land spendiert in den nächsten zwei Jahren zwar 330 Millionen Euro, um Gastronomie und Einzelhandel, Tourismus, Veranstaltungsbranche und nichtstaatlichen Kulturbetrieben die Rückkehr zur Normalität zu erleichtern. Aber angesichts des Kriegs gegen die Ukraine und den rapide steigenden Energiepreisen braucht es auch ein bisschen Zweckoptimismus, damit der Laden – sprich Berlin – wieder läuft. So wie damals, vor gefühlt ewigen Zeiten, sprich 2019.

Die beiden Senatsverwaltungen für Wirtschaft und Kultur haben gemeinsam das Programm ausgearbeitet und dabei zudem auf die Expertise der betroffenen Verbände zurückgegriffen. Heraus kam ein Paket, das mit abweichenden Zielen und Ansprüchen versucht, den unterschiedlichen Interessen und Situationen gerecht zu werden.

40 Millionen der 330 Millionen Euro stehen für Kulturunternehmen mit mindestens zwei Angestellten und höchstens 10 Millionen Euro Umsatz in 2019 zur Verfügung – sowie jenen Kultureinrichtungen, die vom Senat mit Projektmitteln gefördert werden.

„Runterhungern auf die Knochen“
Franziska Giffey mit zwei Senatsmitgliedern bei einer Pressekonferenz

Giffey bei der Pressekonferenz mit Kultursenator Lederer (l.) und Wirtschaftssenator Schwarz Foto: dpa

Damit soll ihnen erstens ermöglicht werden, ihr kulturelles Angebot ab dem Sommer wieder hochzufahren. Denn viele hätten zwar dank der schnellen und umfassenden Liquiditätshilfen des Landes überlebt, sagt Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Aber letztlich sei das oft ein „Runterhungern auf die Knochen gewesen“. Für all jene, die zudem Kredite aufgenommen hätten, soll es ab Januar 2023 Zuschüsse für die Tilgung geben.

Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für die SPD) betont die Bedeutung nachhaltiger Investitionen in dieser Phase. Deswegen würden der Senat diese bei kleineren und mittleren Unternehmen mit bis zu 30 Prozent fördern; dazu gebe es einen „Nachhaltigkeitsbonus“ von weiteren fünf Prozentpunkten.

Die Krise habe aber auch Unternehmen und Kulturschaffende einander nähergebracht. „Viele Branchen sind ein Stück weit zusammen gewachsen, weil wir voneinander abhängig sind“, berichtet Pamela Schobeß, die Vorsitzende der Clubcommission. Die Clubs sorgten dafür, dass Touristen in die Stadt kämen. Ähnlich sieht das Senator Schwarz: „Kultur ist nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sondern eine wichtige Bedingung für die Attraktivität der Stadt.“

Die Touristen fehlen fürs Nachtleben

Allerdings tun sich viele Clubs schwer mit dem Neustart, berichtet Schobeß. Zum einen fehlten die Touristen aus aller Welt; zum anderen seien auch viele hiesige Gäste noch unsicher, ob sie etwa ein Konzert besuchen sollten. Die Nachfrage sei jedenfalls überschaubar. Zwar habe kein Veranstaltungsort in der zweijährigen Pandemie dauerhaft schließen müssen. Aber, so Schobeß: „Wir haben jetzt massive Schwierigkeiten. Wir stehen an einem Scheideweg.“

Das Neustart-Programm ist allerdings noch keine beschlossene Sache: Es ist Teil des Doppelhaushalts, der derzeit vom Parlament beraten wird. „Die Abgeordneten haben das letzte Wort“, sagt Klaus Lederer und gibt sich zugleich (zweck-)optimistisch: „In den vergangenen beiden Jahren hat das Parlament stets unbürokratisch und schnell reagiert, wenn es um Hilfen ging.“

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