piwik no script img

Von der Gummiente zum Ölmogul

Roman Abramowitsch half dabei, Wladimir Putin zum Präsidenten zu machen

Auf der Halbinsel Tschukotka ist Roman Abramowitsch „der Gott“. Als einen solchen bezeichnen ihn die Menschen im Autonomen Kreis der Tschuktschen im äußersten Nordosten Russlands, nicht allzu weit von Alaska entfernt, auch heute noch. Selbst wenn er sich bei ihnen nur selten gezeigt haben mag.

Sie lieben ihren „Roma“ dafür, dass er Lebensmittel, kanadische Fertighäuser und Treibstoff nach Norden einschiffte und ihre Kinder in den Schulferien ans Schwarze Meer fliegen ließ. Dafür, dass Tschukotka gedieh. Sie vermissen den Mann, der von 2000 bis 2008 ihr Gouverneur war.

Es war der damals gerade erst ins Amt gekommene russische Präsident Wladimir Putin, der Abramowitsch auch politisch verpflichtete und ihn zum Herrscher der abgelegenen, wirtschaftlich darniederliegenden Region machte. Diese Offerte konnte der damals 33-jährige Tycoon nicht abschlagen.

Roman Abramowitsch, als Vollwaise bei unterschiedlichen Onkeln im Nordwesten Russlands und in Moskau aufgewachsen, hatte, zusammen mit dem Oligarchen Boris Beresowski, bereits zu Jelzin-Zeiten sein Geld gemacht, vornehmlich mit Ölgeschäften. Im Gegensatz zu Beresowski hatte Abramowitsch jedoch nie mit Putin gebrochen. Vielmehr ließ er sich von ihm vereinnahmen. Und das nicht nur in Tschukotka, wo er auf Drängen Putins finanziell eingreifen sollte.

Schon früh hatte er sich mit Putin verbündet. Abramowitsch soll daran mitgewirkt haben, den einstigen KGB-Offizier zum Präsidenten zu machen – wie auch dessen vorübergehenden Nachfolger Dmitri Medwedew.

Auf der Forbes-Liste 2021 wird das Vermögen des siebenfachen Vaters Abramowitsch mit 14,5 Milliarden US-Dollar angegeben. Er gilt als einer der reichsten Russen überhaupt. Leisten kann er sich praktisch alles. Yachten, Kunstmuseen, sogar einen Fußballklub. Wobei das mit dem Fußballklub nun schon wieder Geschichte ist. Den FC Chelsea, sein 2003 erworbenes Langzeitprojekt, will der Milliardär nun verkaufen. Das hat wohl mit der Kritik infolge der russischen Invasion der Ukraine zu tun. Er plane den Verkauf im Interesse des Klubs, der Fans und der Sponsoren, sagt Abramowitsch. Mit dem möglichen Nettogewinn will er eine Stiftung für die Opfer des Krieges in der Ukraine gründen, ließ er in einer Mitteilung verlautbaren.

Mit dem Verkauf von Gummienten und Fußbällen hatte Roman Abramowitsch als 21-Jähriger sein erstes „Bisnes“ gegründet, wie Rus­s*in­nen Geschäfte nennen. Da hatte die Sowjetunion gerade angefangen, sich zu öffnen. Sein Geld macht er in Russland – sein Leben spielt sich mittlerweile überwiegend in London ab.

Inna Hartwich

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen