piwik no script img

Ins Eisgemeißelt

Foto: Anonymous

Sankt Petersburg am zweiten Wochenende des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Auf das Eis des gefrorenen Flusses Moika haben russische Kriegs­geg­ne­r „Нет войне“ geschrieben. Ein Protestslogan, übersetzt „Kein Krieg!“. Es dauert nicht lange, da kommen die Vasallen des Putin’schen Apparats mit einem Eimer türkisblauer Farbe herbeigeeilt, um den Schriftzug zu überpinseln.

Putins Erzählung zufolge würde es sich bei dem Spruch wohl nicht nur um eine in Eis gemeißelte unerwünschte Meinungsäußerung handeln, sondern auch um eine „Falschinformation“. Als „Falschinformation“ gilt es in Russland, vom „Krieg“ in der Ukraine zu sprechen, statt die Wahrheit des Kreml wiederzugeben, nämlich dass es sich um eine „militärische Sonderoperation“ handele. Medien ist es untersagt, von Krieg zu sprechen, bis zu 15 Jahre Haft drohen bei der Verbreitung derartiger „Unwahrheiten“. Schreibt man diese an Häuserwände, auf den Bürgersteig oder auf das Sankt Petersburger Eis, rückt die Farb­eimer-Armee an. Bei der gibt es allerdings wohl Rüstungsprobleme, jedenfalls reichte die Farbe nur für die Hälfte des Schriftzugs. Den Rest schütteten Putins willige Helfer einfach mit Erde zu.

Aufgenommen hat das Motiv ein Fotograf, der aus nachvollziehbaren Gründen anonym bleiben will. Diese Woche sind in Sankt Petersburg an mehreren Tagen Menschen gegen den Krieg auf die Straße gegangen. In ganz Russland sind mittlerweile laut der Menschenrechtsinitiative OVD-Info allein am vergangenen Sonntag mehr als 4.400 Menschen bei den Protesten festgenommen worden, 1.150 davon in der Metropole an der Ostsee.

Der Fotograf wird hoffentlich weiter dokumentieren, welche Repression die Menschen erfahren und wie sie mundtot gemacht werden. Jens Uthoff

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen