Mehr Recycling von Elektroschrott: Ein zweites Leben für den Föhn

In Deutschland werden mehr Elektrogeräte recycelt. Die Deutsche Umwelthilfe beklagt zu niedrige Sammelquoten. Repariert wird zu wenig.

Elektroschrott vor gelbem Hintergrund fotografiert.

Elektroschrott: Manche Geräte bekommen ein zweites Leben Foto: imago

WIESBADEN/BERLIN dpa/taz | Alte Waschmaschinen, Trockner, Drucker oder Staubsauger: In Deutschland sind im Jahr 2020 mehr Elektrogeräte wieder aufbereitet worden. Insgesamt wurden 899.300 Tonnen Elektro- und Elektronikaltgeräte recycelt, das waren 90.800 Tonnen oder 11,2 Prozent mehr als 2019, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mit. Die Recyclingquote, also der Anteil der recycelten oder zur Wiederverwendung vorbereiteten Geräte, stieg leicht um 1,3 Prozentpunkte auf 86,7 Prozent. Durch Reparaturen wiederverwertbar gemacht wurden aber nur wenige Geräte. Eine Grünen-Abgeordnete will die Massen an Altgeräten nun per Reparaturzuschuss eindämmen.

Mehr als ein Viertel aller 2020 angenommenen Elektro- und Elektronikaltgeräte waren laut den Statistikern Großgeräte – etwa Waschmaschinen, Wäschetrockner, Großdrucker und Nachtspeichergeräte. Ein weiteres gutes Viertel entfiel auf Kleingeräte wie Staubsauger, Toaster oder Hi-Fi-Anlagen. Knapp ein Fünftel waren Wärmeüberträger, zu denen Kühl- und Gefrier- sowie Klimageräte zählen.

Beim Recycling werden Abfälle so aufbereitet, dass gewonnene Rohstoffe zur Herstellung neuer Produkte genutzt werden können. Bei der Erstbehandlung hingegen werden angelieferte und unbehandelte Geräte aussortiert, Teile demontiert oder Schadstoffe entnommen. Denn viele Elektrogeräte enthalten Schwermetalle, Flammschutzmittel und Weichmacher, wie Umweltschützer betonen. 2020 wurden laut den Statistikern 1.037.000 Tonnen Elektro- und Elektronikaltgeräte hierzulande recycelt, anderweitig verwertet oder beseitigt. Nur ein Bruchteil von 1,9 Prozent aller angenommenen Geräte wurde aber ganz oder in Bauteilen wiederverwendbar gemacht, etwa durch Reparaturen.

Um die Reparaturquote zu erhöhen, bietet der bundesweite Dachverband für Secondhand-Kaufhäuser Re-Use Deutschland fortlaufend Qualifizierungen für Mitgliedsbetriebe und Interessierte an. „Die Seminare sollen die Professionalität in den Re-Use-Unternehmen erweitern und die Kooperationsfähigkeit der eigenständig agierenden Verbandsmitglieder stärken“, teilt der Verband mit, der seit Kurzem auch Gütesiegel für Second-Hand-Kaufhäuser ausstellt.

Second-Hand-Kaufhäuser wollen in die Offensive

„Mit der Qualifizierung, Weiterbildung und Vernetzung machen wir auch die Leistungen der Secondhand-Kaufhäuser sichtbar und dokumentieren das Branchenwissen“, erklärt Sabine Rolf, zuständig für Weiterbildung bei Re-Use Deutschland. Der Verband will nach Vorbild der Niederlande und Belgiens Second-Hand-Warenhäuser bundesweit einheitlich bekannt machen und bewerben und damit den Markt für Second-Hand-Artikel, von Kleidern, Möbeln und Geschirr bis eben zu Elektrogeräten ankurbeln.

Auch die Bundesregierung hat den Massen an Elektroschrott den Kampf angesagt. SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag ein „Recht auf Reparatur“ angekündigt. Lebensdauer und Reparierbarkeit sollen demnach „zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft“ werden. In dieser Woche hatten Verbände der Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft diesen Kurs in einer gemeinsamen Erklärung unterstützt.

BDE (Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V.), bvse (Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V.), BDSV (Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen e. V.) und VDM (Verband Deutscher Metallhändler e. V.) betonten, dass „die Weichen für die Langlebigkeit eines Produkts und die spätere bestmögliche Rohstoffrückgewinnung bereits beim Produktdesign gestellt werden“.

Damit künftig sicheres und umweltfreundliches Recycling möglich sei, müsse „jeder, der in Deutschland ein Produkt in Verkehr bringt, dafür Sorge tragen, dass Reparatur und ein ordnungsgemäßes und schadloses Recycling möglich sind“. Das gelte auch für Importware von außereuropäischen Märkten. Dies müsse regelmäßig kontrolliert werden.

DUH beklagt zu geringe Sammelquoten

Seit Jahresbeginn gilt auch eine verschärfte Rücknahmepflicht für alte Elektrogeräte im Handel. Damit müssen auch Supermärkte, die Lebensmittel auf einer Gesamtverkaufsfläche von mindestens 800 Quadratmetern verkaufen und mehrmals im Kalenderjahr oder dauerhaft Elektro- und Elektronikgeräte anbieten, Rücknahmestellen einrichten. Dafür gilt aber bis zum 30. Juni 2022 eine Übergangsfrist.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) weist darauf hin, dass trotz der gestiegenen Zahlen gerade einmal 44,3 Prozent des Elektroschrotts und 45,6 Prozent der Altbatterien ordnungsgemäß gesammelt und recycelt würden. „Um Sammel- und Recyclingquoten grundlegend zu erhöhen, bedarf es verbindlicher Sammelsysteme für Elektroschrott und höherer Sammelquoten für Batterien“, so die DUH. Zudem müssten Vorgaben zum Produktdesign für eine längere Nutzungsdauer sorgen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf besser über ihre Rückgaberechte informiert werden.

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