Die Wahrheit: Der hässliche Kobold

Neues von der grünen Insel: Wer meint, dass Kobolde Angst einjagen können, der sollte sich erstmal in der nächstbesten Kirche umsehen.

Okay, die Statue ist hässlich. Aber ein Púca ist nun mal keine Schönheit. Das ist ein irischer Kobold, der verschiedene Tiergestalten annehmen kann. Meist kommt er als Pferd mit schwarzem Fell daher. Er treibt seinen Schabernack am liebsten mit Trunkenbolden und lädt sie zu einem Ritt auf seinem Rücken ein, den sie nicht vergessen werden, denn es geht in atemberaubender Geschwindigkeit über Felder und Mauern, durch Hecken und Dornengestrüpp, und am Ende wirft der Púca den Reiter bei Tagesanbruch im Moor ab.

Der Künstler Aidan Harte hat eine zwei Meter hohe Bronzestatue – halb Pferd, halb Mensch – geschaffen. Sie sollte eigentlich in meinem Nachbarort Ennistymon in der westirischen Grafschaft Clare aufgestellt werden, aber die Bewohner wehrten sich dagegen. Nur ein gutes Drittel fand die Statue schön, die Mehrheit wollte sie nicht in ihrer Stadt haben. Einer meinte, für die 30.000 Euro, die das Kunstwerk gekostet hat, sollte man öffentliche Toiletten errichten.

Der lokale Pfaffe Willie Cummins war Wortführer der Púca-Feinde, er bezeichnete die Statue als „unheimlich“. Genau das ist ja der Sinn der Sache. Cummins sollte sich mal an seinem Arbeitsplatz umschauen: Da hängt einer, der an zwei gekreuzte Bretter angenagelt ist, was ziemlich unheimlich ist. Der Pfarrer sollte den armen Kerl lieber auf eine Blümchenwiese legen, damit sich niemand fürchten muss.

Team Pooka und Harvey

Der Púca kommt sogar im Film vor. Bei „Mein Freund Harvey“ aus dem Jahr 1950 spielt ein 2,10 Meter großer „Pooka“ in Form eines Hasen mit. Und schon bei Shakespeare trat 1595 in der Komödie „Ein Sommernachtstraum“ ein Púca auf.

Ein paar Miesepeter aus Ennistymon meinen, Clare habe gar keine Verbindung zu Púcas. Weit gefehlt: Brian Boru, der irische Hochkönig, der mit seinen Truppen am Karfreitag 1014 in der Schlacht von Clontarf die Wikinger besiegt hat, aber dabei ums Leben kam, war der Einzige, der jemals einen Púca gezähmt haben soll. Und Brian Boru kam um 940 in Clare auf die Welt.

Die Púca-Statue war Teil eines groß angelegten Programms, um Ennistymon attraktiver für Touristen zu machen. Jetzt muss man sich etwas anderes einfallen lassen. Statt des Púca vielleicht die Beatles? Die sind nämlich 1963 in Clare herumgereist und wollten in McHugh’s Bar im Dorf Doolin spontan ein bisschen Musik machen, aber die Wirtin Josie McHugh meinte, es sei noch zu früh am Abend für singende Touristen. So fuhren die Beatles nach Ennistymon und kauften sich bei Walls in der Hauptstraße Schuhe. Der Laden gehörte den Eltern von Steve and Joe Wall, die 1987 die irische Rockband The Stunning gründeten.

Die Grafschaftsverwaltung hat nun beschlossen, die Púca-Statue anderswo in Clare aufzustellen. Alle Dörfer und Gemeinden können sich bewerben. Ich habe auch einen Antrag eingereicht. Sollte mir die Statue zugesprochen werden, wird davon ein Foto auf der Wahrheit-Seite veröffentlicht.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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