Trotz Homeoffice: Boom beim Bau von Büros

In deutschen Städten entstehen immer mehr Büros. Ein Überangebot sieht der Immobilienausschuss aber nicht. Denn die meisten gehen weiter ins Büro.

Baustelle eine Hochhauses mit Kran.

Wachsen weiter in die Höhe: Bürohäuser am Hauptbahnhof in Berlin Foto: Jens Kalaene/dpa

Obwohl in deutschen Städten dringend Wohnungen gebraucht werden, entstehen dort reihenweise große Bürogebäude. Nicht nur in Berlin und Frankfurt am Main sind zahlreiche Hochhäuser im Bau, die überwiegend mit Arbeitsplätzen gefüllt werden sollen. Der Neubau von Büros „erreichte 2021 das größte Fertigstellungsvolumen seit zehn Jahren“, erklärte der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) am Dienstag. Wie passt das mit der neuen Tendenz zum Homeoffice nach Corona zusammen, wird da ein Büroangebot an der tatsächlichen Nachfrage vorbeigeplant?

Der ZIA ist der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft. Er vertritt 30 Branchenverbände mit rund 37.000 Unternehmen. In ihrem turnusgemäßen Frühjahrsgutachten gaben die Expertinnen und Experten einen Überblick über die gesamte Immobilienwirtschaft, unter anderem zu den Themen Wohnen, Mieten und Baupreise, Einzelhandelsflächen, Hotels und Wirtschaftsbau.

Auf den ersten Blick ist es ein merkwürdiger Widerspruch. In den sieben großen Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart wurden im vergangenen Jahr zahlreiche Büroareale bezugsfertig und eingerichtet – nun aber sitzen nur wenige Leute dort an den Schreibtischen. Colliers, eine weltweit aktive Firma für Immobilienberatung, bestätigt den Bauboom. Während im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 in den sieben Städten etwa 1 Million Quadratmeter Büros fertiggestellt wurden, sind es 2020 bis 2023 fast 2 Millionen pro Jahr. Das deckt sich mit den Daten des ZIA. „Auch für 2022 sind sehr hohe Fertigstellungszahlen zu erwarten“, heißt es im Gutachten.

Ein Überangebot drohe bis 2025 aber nicht, ist sich die Branche einig. Sven Carstensen, Mitautor des ZIA-Gutachtens und Vorstand der Analysefirma Bulwiengesa, begründet das unter anderem mit dem „geringen Leerstand“. Vor Corona, Ende 2019, waren beispielsweise in Berlin nur gut 1 Prozent der Büroflächen nicht genutzt. Jetzt seien es etwa 3 Prozent, so Carstensen. Im bundesweiten Durchschnitt betrage der Leerstand in den besten Lagen etwa 4 Prozent. Auch wenn diese Größe in den kom­menden Jahren noch etwas zunehme, hält Carstensen Angebot und Nachfrage für „ausbalanciert“.

Zwischen Dienstag und Donnerstag Bedarf

Dafür spricht seiner Einschätzung nach erstens die erwartete Zunahme der Bürobeschäftigten, die deutlich über dem Wirtschaftswachstum liege. Zweitens prognostiziert er, dass die Tendenz zum Homeoffice keine allzu starke Auswirkung auf den Büroflächenbedarf haben werde. Vor allem montags und freitags würden Beschäftigte vermehrt zu Hause arbeiten.

Vor allem montags und freitags würden Beschäftigte vermehrt zuhause arbeiten

Zwischen Dienstag und Donnerstag müssten die Arbeitgeber dann aber weiterhin stationäre Arbeitsplätze anbieten. Zudem, meint Carstensen wie andere Experten auch, steige der Flächenbedarf in den Büroetagen, weil die Beschäftigten beispielsweise Wert auf größere Abstände zum Nachbarschreibtisch legten. Fazit: keine dramatische Abwanderung aus den zentralen Büros, kein absehbares Überangebot.

Mehr Fläche für Onlinehandel

Nicht nur für Investoren in Büroimmobilien soll es gut aussehen, sondern auch bei sogenannten Logistik-Immobilien. Durch den zunehmenden Onlinehandel steigt der Bedarf an solchen Flächen.Beim Wohnen setzte sich die Entwicklung 2021 ähnlich fort wie in den Vorjahren. Die Mieten (plus 3,7 Prozent) stiegen, die Kaufpreise für Wohneigentum (plus 14,3 Prozent) ebenso. Immerhin werden mittlerweile über 300.000 Wohnungen jährlich fertiggestellt, was den Preisanstieg dämpft.

Besonders bei größeren Familienwohnungen mit mehr als drei Zimmern herrsche aber deutliche Knappheit, sagte Harald Simons vom Forschungsinstitut Empirica. Er prognostizierte, dass die Bundesregierung ihre Ansage 400.000 neuer Wohnungen in dieser Legislaturperiode „kaum erreichen“ werde. Dafür würden Planungen und Bau einfach zu lange dauern.

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