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Barrieren auf dem Weg zum PCR-Test

Die Corona-Ambulanz der kassenärztlichen Vereinigung in Bremen weist viele Mängel auf. Nun fordert der Behindertenbeauftragte eine Stellungnahme

In einer Stunde werden bis zu 100 Personen durchgeschleust. Macht 2,4 Minuten pro Pa­ti­en­t:in

Von Eiken Bruhn

Um eine Stellungnahme bittet jetzt der Behindertenbeauftragte des Landes Bremen die kassenärztliche Vereinigung im Bundesland. Der Anlass ist ein taz-Bericht über deren Corona-Ambulanz, die in der Stadt Bremen die einzige Anlaufstelle ist für PCR-Tests von Menschen mit Coronasymp­tomen. Sie liegt im Hochparterre eines ehemaligen Firmengebäudes und ist nicht barrierefrei. Mehrere Stufen führen in enge Flure, es gibt keine Handläufe oder Hilfen für Sehbehinderte. Beschwerden habe es keine gegeben, sagt der stellvertretende Landesbehindertenbeauftragte Kai Steuck.

Auf Nachfrage der taz hatte der Sprecher der kassenärztlichen Vereinigung, Christoph Fox, gesagt, es gebe eine Rampe, über die Roll­stuhl­fah­re­r:in­nen ins Gebäude gelassen werden könnten – wenn es jemand mitbekomme: „Das funktioniert ganz gut“.

Doch diese Rampe gibt es nach Aussagen von Mit­ar­bei­te­r:in­nen nicht. Die kassenärztliche Vereinigung will sich dazu nicht äußern. Ihr Sprecher Christoph Fox antwortete wiederholt nicht auf E-Mails und Telefonanrufe. Erst nach einer erneuten Mail am Dienstag und einem Anruf schrieb er zurück: „Weil wir zu der Überzeugung gelangt sind, keine faire Berichterstattung erwarten zu können, können wir Ihre Anfragen nicht beantworten.“

Der Artikel war am Samstag vor einer Woche erschienen, danach hatte sich Fox nicht darüber beschwert, falsch zitiert worden zu sein oder einen Fehler im Text bemängelt.

Nachgefragt hatte die taz jetzt auch danach, ob es für Ret­tungs­sa­ni­tä­te­r:in­nen möglich sei, in Notfällen Patient:innen auf einer Trage aus dem Gebäude heraus zu holen, weil die Flure so eng und verwinkelt sind. Und ob ein Umzug geplant sei oder ein anderer – leichter zu reinigender und zu desinfizierender – Fußbodenbelag. Derzeit liegt dort Teppich.

Aufgrund der aktuellen hohen Infektionsraten sei die Nachfrage nach PCR-Tests „explodierend“, schreibt die kassenärztliche Vereinigung Bremen auf ihrer Homepage. 600 bis 700 Tests würden in der Corona-Ambulanz derzeit täglich gemacht, „bis zu“ vier Ärzt:in­nen seien damit zwischen 8 und 15 Uhr beschäftigt. Das bedeutet, dass in einer Stunde bis zu 100 Personen durchgeschleust werden, die Tests finden in zwei Räumen statt. Macht 2,4 Minuten pro Pa­ti­en­t:in. Das bedeutet auch, dass keine Zeit bleibt für Nachfragen oder gar eine Untersuchung, ob vielleicht etwas anderes hinter den Symptomen stecken könnte als eine Covid-19-Infektion.

Dabei kämen zunehmend Menschen ohne eine Überweisung von Hausarzt oder Hausärztin, schreibt die kassenärztliche Vereinigung auf ihrer Homepage. Das liegt auch daran, dass die Praxen angesichts der Vielzahl der Fälle überlaufen sind.

Entsprechend lang sind die Wartezeiten vor der Test-Station: Die Pa­ti­en­t:in­nen stehen bis zu einer Stunde an, davon etliche, die akut krank sind.

Die Corona-Ambulanz in der Vahr am nordöstlichen Stadtrand ist in der Stadt Bremen die einzige Anlaufstelle für Menschen mit Coronasymptomen. Alle, die keine Haus- oder Kinderärztin haben, die den Abstrich für einen PCR-Test nimmt, müssen dorthin. Die anderen Teststellen testen entweder Kontaktpersonen oder wenn ein positiver Schnelltest vorliegt. Einige schreiben auf ihre Internet-Seite, dass sie nur symptomlose Personen testen. Ohne Schnelltest oder behördliches Schreiben sind die Tests zudem kostenpflichtig, die Kosten liegen laut Bundesgesundheitsministerium zwischen 60 und 200 Euro.

Anders als in Hamburg oder auch Berlin fahren in Bremen Not­ärz­t:in­nen nicht zu Kranken mit Coronasymp­tomen nach Hause, um dort einen Test vorzunehmen, der das Virus sicher nachweisen kann.

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