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Lübcke-Mord: Prozess gegen mutmaßlichen Waffenverkäufer

Prozessbeginn in Paderborn: Der wegen fahrlässiger Tötung Angeklagte bestreitet den Vorwurf

Die Tat gilt als erster rechter Mord an einem Politiker der Bundesrepublik

Im Zusammenhang mit dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat der wegen fahrlässiger Tötung angeklagte 66-Jährige den Verkauf der Tatwaffe bestritten. Vor dem Landgericht Paderborn sagte der Verteidiger von Elmar J. am Mittwoch zu Prozessbeginn, sein Mandant räume einen Verstoß gegen das Waffengesetz ein. Sein Mandant bedauere, unerlaubt Schusswaffenmunition besessen zu haben, erklärte Verteidiger Ashraf Abouzeid. Den Vorwurf der fahrlässigen Tötung im Zusammenhang mit dem Mord am CDU-Politiker Lübcke bestreite Elmar J. aber ausdrücklich.

Walter Lübcke war vor rund zweieinhalb Jahren auf der Terrasse seines Hauses in Nordhessen erschossen worden. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten aus Ostwestfalen vor, er habe Lübckes späterem Mörder Stephan Ernst die Tatwaffe samt Munition 2016 für rund 1.100 Euro verkauft. Er habe durch vorsätzliches und illegales Handeln fahrlässig zum Tod eines Menschen beigetragen, sagte die Vertreterin der Anklage, Julia Florczak.

Verteidiger Abouzeid betonte, nach Bekanntwerden des Mordes an Lübcke habe sein Mandant zuerst befürchtet, die Tat sei mit einem der „Objekte“ verübt worden, die er selbst an Ernst verkauft habe. Dies sei aber definitiv nicht der Fall gewesen. Sein Mandant habe eine „gewisse Affinität zum Dritten Reich“ und auch NS-Devotionalien gesammelt. Ernst will er über Handel auf dem Flohmarkt kennengelernt habe. Der Anklagevertreterin zufolge hatte Elmar J. dem Rechtsextremisten Ernst mehrere Waffen verkauft. Dabei sei dem Angeklagten die rassistische Gesinnung des späteren Mörders von Lübcke bewusst gewesen. Käufer und Verkäufer hatten laut Anklage keine Waffenerlaubnis. Elmar J. sei das klar gewesen.

Stephan Ernst war Ende Januar 2021 vom Oberlandesgericht Frankfurt wegen Mordes an Lübcke zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Gegen das Urteil ist noch eine Revision anhängig. Lübcke war am 1. Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses mit einem Kopfschuss aus nächster Nähe getötet worden. Die Tat gilt als erster rechtsextremistischer Mord an einem Politiker in der Bundesrepublik.

Lübcke hatte sich für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen. (dpa)

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