Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss: Regelmäßig Kontakt zur Senatsspitze

Warburg-Banker Christian Olearius findet seine Bank werde zu Unrecht angeprangert. Statt persönlich zu erscheinen, ließ er eine Erklärung verlesen.

Die Anwälte Thomas Fischer und Peter Gauweiler sitzen vor einer Marmorwand im Festsaal des Hamburger Rathauses

Stellten die Warburg-Bank als Opfer dar: die Anwälte Thomas Fischer (l.) und Peter Gauweiler Foto: Markus Scholz/dpa

HAMBURG taz | Der Mitinhaber der Privatbank MM Warburg hat gegenüber dem Cum-Ex-Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft am Freitag versucht, sein Haus als Bauernopfer darzustellen. Gegen seine kleine Privatbank werde mit öffentlichem Tamtam ermittelt, während die mitbeteiligte Deutsche Bank und die Brokerfirma Icap aus der Schusslinie blieben.

Der Ausschuss versucht die Frage zu klären, ob der damalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz und sein Finanzsenator Peter Tschentscher (beide SPD) im Falle der Warburg-Bank Einfluss auf die Entscheidungen des Finanzamtes genommen haben. Dabei geht es um insgesamt 90 Millionen Euro aus sogenannten Cum-Ex-Geschäften, die das Finanzamt verjähren ließ oder verjähren lassen wollte. Bei diesen Geschäften ließen sich die Beteiligten einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten – ein glatter Griff in die Staatskasse.

Der Fall Warburg ist aber nur ein Mosaiksteinchen eines gigantischen Steuerraubs. Das Journalistenkollektiv, das die sogenannten Cum-Ex-Files auswertet, geht zurzeit von einem Schaden von 150 Milliarden Euro in 15 Ländern aus.

Warburg-Miteigentümer Olearius hat sich geweigert, persönlich vor dem Ausschuss auszusagen, weshalb sein Anwalt Peter Gauweiler eine Stellungnahme des Bankers verlas, die einen Fragenkatalog der Abgeordneten abarbeitete. In der Erklärung versichert Olearius, nichts von Cum-Ex-Geschäften gewusst zu haben. Seit Anfang 2009 habe sich die Bank von ihren Beratern bestätigen lassen, dass diese keine Kenntnis von Cum-Ex-Geschäften hätten. „Darauf hat die Bank vertraut“, behauptet Olearius.

Einigungsvorschlag mit Tücken

„Nicht nur die Finanzverwaltung sondern auch wir wussten damals nicht, dass dem damals Leerverkäufe zu Grunde lagen“, erklärte der Banker weiter. Eine Einflussnahme der Hamburger Senatsspitze habe es nicht gegeben. Mittlerweile ist die Aufklärung zumindest, was die damaligen Geschäfte angeht, ein Stück weiter:

Im März verurteilt das Landgericht Bonn zwei für Warburg tätige Aktienhändler wegen Beteiligung an dem Steuerraub. Die Bank muss knapp 177 Millionen Euro an den Fiskus zurück überweisen. Sie hat Revision eingelegt und angekündigt, das Bundesverfassungsgericht anzurufen.

Auch die 177 Millionen beschäftigen den Untersuchungsausschuss an diesem Freitag. Als das Strafverfahren gegen die beiden Händler Ende 2019 weit fortgeschritten war, sei bei der Bank der Eindruck entstanden dass sie tatsächlich in Cum-Ex verwickelt sei, heißt es von Olearius. Die Bank sei bereit gewesen sich „mit den Behörden zu verständigen“ und das Geld zurückzugeben.

Wie sich bei der Befragung eines Zeugen aus der Finanzbehörde herausstellte, strebte die Hamburger Verwaltung eine Einigung auf 60 Millionen an, obwohl sich eine Verurteilung in Bonn schon abzeichnete. Wäre es dazu gekommen, hätte auch der Bonner Richter keine höhere Summen festsetzen können. Das Bundesfinanzministerium verhinderte das.

Olearius fragt sich in seinem Eingangsstatement, ob an öffentliche und private Banken unterschiedliche Maßstäbe angelegt würden. Schließlich hätten sich auch die im Übergang zur Privatisierung befindlichen Landesbanken an den Geschäften beteiligt. Die HSH Nordbank, ehemals Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein, hat das Geld zurückgezahlt.

Gehör beim Bürgermeister

Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) wirft Olearius vor, unverhältnismäßig gegen sein Geldhaus zu ermitteln, „um die eigene fehlerhafte Verwaltungspraxis vergessen zu lassen“, die in der Schonung der Landes- und Großbanken bestehe. Mit ihren zunehmenden regulatorischen Anforderungen betreibe die Bafin ohnehin das Ende der inhabergeführten Privatbanken.

Olearius Anwalt Gauweiler warf den Ermittlern vor, sich einseitig auf die Warburg-Bank zu stürzen und die Deutsche Bank als Depotbank für die gehandelten Aktien sowie die Händlerfirma Icap außen vor zu lassen.

Zu seinen Gesprächen mit dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz ließ Olearius erklären: „Eine Vorsprache bei der Politik darf auch für Bankleute kein Gnadenakt sein.“ Wie sein Tagebuch zeige, sei es dabei um eine objektive Unterrichtung des Bürgermeisters gegangen. Angesichts der Höhe der Summe und der Bedeutung der Bank für die Stadt sei es doch klar gewesen, dass man sich an die Stadtspitze wende. Scholz kann sich an den Inhalt dieser Gespräche angeblich nicht erinnern.

Die Empfehlung, sich an den Bürgermeister zu wenden, kam von einer SPD-Größe, dem ehemaligen Senator Alfons Pawelczyk. Auch der ehemalige Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs schaltete sich ein. Diese Gespräche mit einem Privatmann und dem zuständigen Wahlkreisabgeordneten gingen den Ausschuss nichts an, findet Olearius.

Kontaktpflege mit der Politik

Spenden an Kahrs SPD-Mitte und andere Parteien tätige er seit Jahrzehnten. Einen Zusammenhang von Spenden in 2017 mit der Steuersache gebe es daher nicht, suggeriert er. Ähnliches gelte für das Treffen mit Scholz. „Ich bin in den letzten 30 Jahren mindesten einmal im Jahr mit der Stadtspitze zusammengetroffen.“ Dabei sei es auch darum gegangen, über die wirtschaftliche Situation des Hauses zu berichten. Scholz habe in der Regel schweigend zugehört.

Im Übrigen sei die Bank immer wieder von der Politik angesprochen worden, ob sie helfen könnte. „Ich habe mich der Politik nie aufgedrängt“, erklärte Olearius. Die Bank habe aber geholfen, etwa bei der Neuen Heimat, beim Verkauf des Stahlwerks an Accelor-Mittal, bei der Neuen Flora, der Elbphilharmonie und der Beteiligung an der Reederei Hapag Lloyd.

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