Berlins Linke stimmt für Koalition: Weg frei für Rot-Grün-Rot

Die letzte Hürde ist genommen: Die Mitglieder der Linkspartei votieren mit einer dreiviertel Mehrheit für die erneute Koalition mit SPD und Grünen.

Linksparteichefin Schubert und Kultursenator Lederer klatschen auf einem Parteitag

Applaus für die Basis: Linksparteichefin Schubert und Kultursenator Lederer auf einem Parteitag Foto: dpa

BERLIN taz | Einer erneuten rot-grün-roten Regierung in Berlin steht nichts mehr im Wege: Auch die Mitglieder der Linkspartei haben dem von SPD, Grünen und Linken ausgehandelten Koalitionsvertrag in einer Basisabstimmung ihr „Go“ gegeben. Die Zustimmung betrug 74,9 Prozent, wie Landeschefin Katina Schubert am Freitagabend mitteilte. Damit kann Franziska Giffey (SPD) wie geplant am kommenden Dienstag vom Abgeordnetenhaus zur neuen Regierenden Bürgermeisterin – wie die Ministerpräsidentin in Berlin heißt – gewählt werden.

„Unsere Mitglieder haben sich mit großer Mehrheit für den Eintritt in die rot-grün-rote Koalition entschieden“, freute sich Schubert. Sie sprach von einem „klaren Auftrag“. Das gute Ergebnis gebe „Rückenwind für die aktuellen und kommenden Herausforderungen“. Die Parteichefin nannte unter anderem die Investitionsoffensive und die Überwindung der Wohnungslosigkeit bis 2030, aber auch die Umsetzung des Volksentscheids zur Enteigung großer Wohnungskonzerne. „Daran werden wir entschlossen und mit voller Kraft weiterarbeiten.“

Klaus Lederer, Berlins linker Kultursenator und Stellvertreter des Regierenden Bürgermeisters, sprach auf Twitter etwas weniger euphorisch von einem „soliden Ergebnis“ und einem „harten Mandat, die erfolgreiche Arbeit fortzusetzen“. Beteiligt an der Abstimmung haben sich mit 52 Prozent allerdings nur gut die Hälfte der Berliner Parteimitglieder.

Zustimmung bei SPD und Grünen größer

SPD und Grüne hatten bereits auf Parteitagen ihre Delegierten über den Koalitionsvertrag abstimmen lassen: Die Mehrheit dort lag jeweils über 90 Prozent. Bei der Linkspartei war eine so hohe Zustimmung aber nicht erwartet worden.

Denn die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und Linken nach den Wahlen vom 26. September hatten länger gedauert als von den drei Parteien geplant. Insbesondere die Wohnungspolitik und der Umgang mit dem erfolgreichen Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co. enteignen hatten für scharfe Kontroversen gesorgt. Kurzzeitig standen die Gespräche deswegen sogar auf der Kippe. Ende November stellten die drei Parteien schließlich ihren 150-seitigen Vertrag vor.

Anders als bei SPD und Grünen stieß dieser bei vielen Linkspartei-Mitgliedern auf teils massiven Widerspruch, insbesondere wegen der Kompromisse in der Wohnungspolitik und dem Verlust des Stadtentwicklungsressorts. Mehrere prominente Abgeordnetenhausmitglieder hatten deshalb früh ihr Nein angekündigt, darunter Mietenexpertin Katalin Gennburg. „Die SPD will allein über den Neubau die Wohnungspolitik steuern und das ist falsch“, hatte sie ihre Position im Gespräch mit der taz begründet.

Selbst klare Un­ter­stüt­ze­r*in­nen einer Fortsetzung der Koalition wie der Abgeordnete Tobias Schulze hatten erklärt, sie könnten die Kritik aus der Partei am Vertrag „nachvollziehen“. Schulze betonte im taz-Interview aber auch: „Es gibt im Koalitionsvertrag viele linke Leuchttürme“ und warb für eine Zustimmung.

Tatsächlich hatte kaum jemand im politischen Berlin erwartet, dass ein erneutes rot-grün-rotes Bündnis an der Linkspartei-Basis tatsächlich scheitern würde – dafür gilt die Partei immer noch als hierachisch organisiert. Aber ganz sicher war man sich eben auch nicht. Entsprechend erleichtert fielen die Reaktionen aus.

„Ich freue mich über das sehr klare, eindeutige Ergebnis des Mitgliederentscheids der Linken Berlin“, schrieb etwa SPD-Spitzenkandidatin Giffey auf Twitter und ergänzte: „Auf gute Zusammenarbeit!“

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Am Montag will nun auch die SPD ihre Se­na­to­r*in­nen­rie­ge vorstellen. Anders als Linke und Grüne, die je drei Posten vergeben dürfen, stellt die SPD vier Senator*innen. Die meisten davon sind neu: Bildungssenatorin Sandra Scheeres, Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci und Finanzsenator Matthias Kollatz hören auf; erstere freiwillig, letzterer weil sein Ressort künftig von den Grünen verwaltet wird. Unsicher ist auf SPD-Seite noch der Verbleib von Innensenator Andreas Geisel, der immer wieder auch als neuer Stadtentwicklungssenator gehandelt wird. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller ist in den Bundestag gewählt worden.

Wenn am Dienstag das Abgeordnetenhaus zusammentritt, wird es Giffey wählen. Sie selbst ernennt dann ihre Senator*innen. Wie stabil die neue Koalition ist, dürfte sich bereits in den ersten 100 Tagen zeigen: Laut Koalitionsvertrag muss der Senat innerhalb dieser Frist ein Gremium zusammen stellen, das ausloten soll, wie der erfolgreiche Enteignen-Volksentscheid umgesetzt werden kann. Über die Besetzung dieses Gremiums dürfte heftig gestritten werden – wie über die gesamte Enteignungsfrage bereits in den Koalitionsverhandlungen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.