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Im deutschen Profifußball kann man sich im Januar wieder auf Geisterspiele einstellen. Die angekündigten Verordnungen halten einige für Symbolpolitik

Von Frank Hellmann

Es ist mittlerweile üblich, dass die vielbefragten Protagonisten der Fußball-Bundesliga auch Auskunft zu ihren Wünschen für die Weihnachtszeit geben sollen. Oliver Glasner, Cheftrainer von Eintracht Frankfurt, hat nach dem Duell gegen den FSV Mainz 05 gesagt, „sobald wie möglich“ wieder in einer ausverkauften Arena zu coachen, denn: „Dann haben wir Corona im Griff.“ Bei seinem letzten Satz auf der Pressekonferenz dürfte es sich indes um einen frommen Wunsch fürs neue Jahr gehandelt haben.

Die maximal bei Großveranstaltungen erlaubten 15.000 Zuschauern, die am 17. Spieltag nur Frankfurt ausschöpfte, werden zum Rückrundenstart wohl Geschichte sein. Am zweiten Januarwochenende kündigen sich im Profifußball flächendeckend Geisterspiele an. Aus Furcht vor der hochansteckenden Omikron-Variante will das Bund-Länder-Treffen beschließen, dass „überregionale Sport-, Kultur- und vergleichbare Großveranstaltungen“ ab dem 28. Dezember ohne Publikum stattfinden. Egal, ob in der Halle oder im Freien. Unabhängig vom Impfstatus und davon, ob Hygienekonzepte funktioniert haben.

Der neue Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Fußball-Liga (DFL), Hans-Joachim Watzke, hatte noch am Montag vor einer Symbolpolitik gewarnt: „Der Profifußball in Deutschland hat als Freiluftveranstaltung mit schon jetzt deutlich reduzierten Zuschauerkapazitäten ein schlüssiges Konzept.“ Bayern München verliert bei jedem Heimspiel ohne Zuschauer 4 bis 5 Millionen Euro. Härter trifft es jedoch die restlichen Klubs, die über keine so üppige Eigenkapitalausstattung verfügen. In weiser Voraussicht hatten die Liga-Vertreter bei ihrer jüngsten Mitgliederversammlung die Zügel für die Lizenzierung gelockert. Die finanziellen Probleme sind groß.

Christian Heidel, Vorstand beim FSV Mainz 05, ist besorgt. Bevor er sich Gedanken um den Fußball mache, würde er als Erstes an die Gesundheit der Menschen denken. „Als Zweites kommt dann die Überlegung, was bedeutet das für den Verein. Wenn die schlimmsten Prognosen eintreten, dann wird es schwierig.“ Zugleich verweist Heidel darauf, dass der Profifußball kein Treiber der Pandemie sei: „Wir bekommen vom Gesundheitsamt in Mainz immer dieselbe Antwort: Es sind von den Tribünen, bei der Anreise keine Fälle bekannt, die zu Nachverfolgungen geführt haben.“ Die Nullfünfer gehören zu den Vereinen, die die eindringliche Empfehlung der DFL zur Booster-Impfung im eigenen Klub mit Hochdruck vorantreiben.

Heidel spürt, dass nach bald zwei Jahren Coronakrise die Beziehung zum Fan auf eine Zerreißprobe gestellt wird. Und wo die Bundesliga im Frühjahr 2020 mit der Fortsetzung des Spielbetriebs den Vorreiter gab, hat sie im Herbst 2021 als erste europäische Topliga wieder Geisterspiele eingeführt. Seit Anfang Dezember spielten der FC Bayern und FC Augsburg als auch RB Leipzig aus dem von Corona besonders betroffenen Freistaat Sachsen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Augsburgs Geschäftsführer Michael Ströll konnte das nur schwerlich nachvollziehen: „Wenn Geisterspiele angeordnet werden, gehen die Fans in die Kneipen oder treffen sich ohne Maske privat in geschlossen Räumen.“

„Wenn die schlimmsten Prognosen eintreten, dann wird es schwierig“

Christian Heidel, Vorstand in Mainz

In Baden-Württemberg, also bei der TSG Hoffenheim, SC Freiburg und VfB Stuttgart, hatten nur 750 Personen Zutritt. Hoffenheim beklagte in der ersten Halbserie übrigens einen eklatanten Zuschauerschwund, liegt mit durchschnittlich nur 7.673 Besuchern in der Zuschauertabelle auf dem vorletzten Platz.

Noch ist nicht genau quantifizierbar, welche Fangruppen dauerhaft dem Fußball die kalte Schulter zeigen. Selbst Traditionsvereine wie Frankfurt konnten die verfügbaren Kontingente teilweise bei Weitem nicht ausschöpfen. Hätte sich die fatale Entwicklung mit einer besseren Impfstrategie verhindern lassen? Politische Versäumnisse haben einige Liga-Vertreter scharf angeprangert – so etwa Präsident Dirk Zingler von Union Berlin („Wir sind im Vollchaos“).

Der scheidende DFL-Geschäftsführer Christian Seifert erinnerte daran, dass es für die Coronalage zwar kein Know-how gebe, aber „am Ende ist das Thema des Umgangs mit Großveranstaltungen immer zu bewerten in dem Kontext einer gesamten Pandemiestrategie eines Landes. Neben den Virologen müssten auch die Psychologen, Soziologen und Volkswirtschaftler Gehör finden. Seifert warnte davor, „ein Land mit 80 Millionen Menschen zu behandeln wie ein virologisches Rechenmodell“.

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