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Der falsche Kranke

Ein Mann muss 1.570 Euro zahlen, weil er eine Corona-Erkrankung vortäuschte

B. hatte eine Corona-Erkrankung vorgetäuscht, um einen Termin mit einer Steuerfahnderin zu umgehen

Von Tjade Brinkmann

Es klingt im ersten Moment so, als hätte man die Geschichte in den vergangenen Monaten schon ein paar Mal gehört: Vor dem Hamburger Amtsgericht musste sich am Montag ein 52-Jähriger wegen der „Fälschung von Gesundheitszeugnissen“ verantworten. Dieses Mal ging es dabei aber nicht um gefälschte Impfausweise, sondern um eine falsche Corona-Erkrankung. Es ging auch nicht darum, an 2G-Veranstaltungen teilnehmen zu können, sondern einen unangenehmen Termin zu umgehen.

Konkret wird dem Angeklagten B. vorgeworfen, eine Bescheinigung über eine Coronavirus-Infektion gefälscht zu haben. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, hatte B. am 3. August 2020 eine Corona-Erkrankung vorgetäuscht, indem er eine vorgeblich von einem medizinischen Labor stammende Auskunft über eine Infektion erstellt und an das Finanzamt geschickt hat. Mit der falschen Erkrankung habe er einen Vernehmungstermin mit einer Steuerfahnderin umgehen wollen.

Der Angeklagte B. bestritt das Vorgeworfene nicht und gestand sein Verhalten. Fraglich war vor Gericht jedoch, wie viel er für die Straftat zahlen muss. 100 Euro pro Tagessatz stellte die Staatsanwaltschaft zunächst in den Raum, doch schnell wurde deutlich, dass diese Höhe kaum verhältnismäßig ist. Denn B. hat eigentlich mit ganz anderen Dingen zu kämpfen als mit dem Finanzamt oder dem Amtsgericht.

B. ist in der Gerüstbaubranche tätig. Er ist Geschäftsführer einer Gerüstbau-GmbH, zudem bei einer weiteren Firma in der Branche angestellt. Trotz der zwei Jobs verdiene er nicht viel. Netto blieben ihm weniger als 800 Euro im Monat, mehr als die Hälfte davon ginge für die Miete drauf. B. ist nicht verheiratet, hat zwei Kinder, die bei seiner Ex-Freundin aufwachsen. Ob er Unterhalt zahle, fragte die Richterin. „Nein, wie denn?“, antwortete B. leise.

Der Staatsanwalt zeigte sich nach der Beweisaufnahme verständnisvoll: „Es stand im Raum, ob es noch weitere Einkünfte gibt. Dieser Verdacht hat sich nicht erhärtet.“ Unter diesen Voraussetzungen halte er 26 Euro pro Tagessatz für angemessen. Dieser Einschätzung stimmte auch der Verteidiger zu. Er nutzte die Möglichkeit, „im Namen meines Mandanten zu sagen, dass es ihm leid tut“. B. muss nun 1.560 Euro für seine gefälschte Corona-Erkrankung zahlen. Immerhin sind Raten möglich.

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