Coronaentwicklung in Deutschland: Alle Rekorde gebrochen

Die Zahl der Neuinfektionen steigt weiter. Trotz Impfungen werden im Winter Tausende sterben. In vielen Landkreisen sind die Intensivstationen voll.

Eine Fachärztin ist auf der Covid-19 Intensivstation

Eine Fachärztin einer Covid19-Intensivstation in Dresden Foto: Robert Michel/dpa

BERLIN taz | Die Coronazahlen haben am Mittwoch neue Höchststände erreicht: Das Robert-Koch-Institut (RKI) registrierte 39.676 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, der 7-Tage-Mittelwert kletterte damit auf 29.367, die 7-Tage-Inzidenz auf 232,1. All diese Werte liegen höher als jemals zuvor in den fast 2 Jahren der Pandemie. Der 7-Tage-Mittelwert der Neuinfektionen überstieg den bisherigen Höchststand, der erst am Vortag gemessen worden war, nochmals um 10 Prozent. Und es ist davon auszugehen, dass die Werte in den kommenden Tagen weiter getoppt werden.

Denn auch das Wachstumstempo der 4. Coronawelle steigt rasant. Der 7-Tage-Mittelwert lag am Mittwoch 55,8 Prozent über dem Stand der Vorwoche. Bleibt es bei diesem Tempo, wird der 7-Tage-Mittelwert in der kommenden Woche auf 40.000 bis 50.000 steigen. An einzelnen Tagen werden die Werte noch viel höher liegen, da, anders als bei einem ähnlichem Anstieg in den vorherigen Wellen, diesmal kein bremsender Lockdown geplant ist.

Zwar sind die Infektionszahlen wegen der Impfung nicht mehr ganz so gravierend wie vor einem Jahr. Aus Zahlen des RKI lässt sich jedoch errechnen, dass Geimpfte derzeit immer noch viermal seltener symptomatisch an Covid-19 erkranken als Ungeimpfte. Aber wenn die Infektionszahlen so exorbitant steigen wie jetzt, wachsen mit etwas Verzug auch die Zahlen der Erkrankten, der Kli­nik­pa­ti­en­t:in­nen und der Toten.

Am Ende der 1. Welle waren rund 4,5 Prozent aller registrierten Neuinfizierten gestorben, bei der 2. Welle 2,5 Prozent. Bei der 3. Welle, die wegen der im Frühjahr dieses Jahres bereits wirkenden Impfungen nicht ganz so gravierend war, verstarben rund 1,5 Prozent der registrierten Infizierten. Selbst wenn diese Rate bei der 4. Welle auf 1,0 Prozent sinken sollte, werden von den in den letzten Wochen Infizierten in den kommenden noch rund 5.000 Menschen sterben. Mit etwas Glück wird die Sterberate wie im September und Oktober niedriger liegen, bei ungünstigem Verlauf darüber.

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Seit Ende Oktober ist die Quote laut Berechnungen der taz wieder deutlich über 1 gestiegen. Bei aktuell rund 30.000 Neuinfektionen pro Tag bedeutet eine Sterberate von 1 Prozent, dass Tag für Tag 300 Tote hinzukommen – bei weiter steigender Infektionszahl entsprechend mehr.

Der Virologe Christian Drosten warnte im jüngsten NDR-Podcast „Das Coronavirus-Update“ noch vor ganz anderen Dimensionen. Sollte es beim Impfen keinen Fortschritt geben, müsse sich Deutschland auf mindestens 100.000 weitere Coronatote vorbereiten, „bevor sich das Fahrwasser beruhigt“, sagte Drosten. „Das ist eine konservative Schätzung.“ Noch sind die Zahlen nicht ganz so hoch, aber die Kurve der Todesfälle zeigt bereits steil nach oben. Der vom RKI gemeldete Tageswert von 236 ist der höchste seit Ende Mai.

Deutlich steigt auch die Belastung der Kliniken. Die Hospitalisierungsrate, die angibt, wie viele Co­ro­na­pa­ti­en­t:in­nen pro 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen in den letzten sieben Tagen in Krankenhäuser aufgenommen wurden, sprang laut RKI auf 4,61, das sind 27 Prozent mehr als vor einer Woche. Tatsächlich dürfte dieser Wert sogar bereits bei weit über 8 liegen, da er durch Nachmeldungen regelmäßig um rund 80 Prozent nach oben korrigiert werden muss.

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Besonders stark steigt die Rate derzeit in Bayern. Dort werden bereits wieder so viele Co­ro­na­pa­ti­en­t:in­nen in Klinken behandelt wie auf dem Höhepunkt der 3. Welle. In vielen Landkreisen gibt es keine freien Betten mehr auf den Intensivstationen.

Dementsprechend hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch aufgrund „der aktuellen besorgniserregenden Situation in der Corona-Pandemie die Feststellung des Katastrophenfalls ab dem 11. November 2021 angeordnet“. Das teilte die Staatskanzlei am Mittwoch in München mit. Die Feststellung des Katastrophenfalls ermöglicht eine koordinierte und strukturierte Vorgehensweise aller im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden, Dienststellen und Organisationen. Der Katastrophenfall wurde in der Corona-Pandemie bereits am 9. Dezember 2020 ausgerufen, er wurde erst am 4. Juni 2021 wieder aufgehoben.

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