Nele Sophie KarstenDie Couchreporter
: „Weil sie Frau war“

Foto: Abb.: Stephanie F. Scholz

Die 21-Jährige Larissa Biber wird 2013 von ihrem Freund brutal getötet. „Die Frage nach dem Warum stelle ich mir nicht mehr“, sagt heute ihre Schwester in die Kamera. „Denn mittlerweile weiß ich: Larissa wurde getötet, weil sie eine Frau war.“

„Femizid – Wenn Männer Frauen töten“ heißt der Dokumentarfilm von Svaantje Schröder. Von einem Femizid spricht man, wenn Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden. Gewalt gegen Frauen betrifft alle gesellschaftlichen Gruppen. Im Film berichten Frauen von der Gewalt, die sie selbst oder Angehörige von ihnen erleben mussten.

Neben den Betroffenen kommen im Film auch Jurist:innen, Po­li­ti­ker:in­nen und Be­am­t:in­nen zu Wort, die strukturelle Missstände im Kampf gegen Frauengewalt aufzeigen. „Bevor ich mich für diesen Film intensiv mit dem Thema beschäftigt habe, war ich davon überzeugt, dass wir hier in Deutschland gut aufgestellt sind, wenn es um Hilfsangebote für Frauen geht. Doch das Gegenteil ist der Fall“, sagt Regisseurin Schröder.

Deutschland hat sich zur Umsetzung der Istanbulkonvention verpflichtet. Sie schreibt ein offensives Vorgehen gegen Frauengewalt vor, eine breite Aufklärung und die Verhinderung von Femiziden.

Dennoch wird das Strafgesetz noch immer so ausgelegt, dass der Täter nicht des Mordes beschuldigt wird, wenn die Frau ihn vorher verlassen hat. Das heißt: Wenn ein Mann seine Ex-Partnerin tötet, weil sie sich von ihm getrennt hat, gilt das als strafmildernd. Eine Betroffene, die vor ihrem Mann ins Frauenhaus floh, berichtet, die verbale Gewalt, die Schreie, die Gestik, die Drohungen seien noch schlimmer gewesen als die Tritte: „Er war wie eine tickende Zeitbombe“. Psychische Gewalt ist in Deutschland jedoch nur dann strafrechtlich relevant, wenn sie sich klar körperlich äußert.

Fakten wie diese, die im Film immer wieder eingeblendet und eingeordnet werden, zeigen: Wir leben in einem System, das Gewalt gegen Frauen begünstigt.

Medien betiteln Vorfälle geschlechtsspezifischer Gewalt häufig mit „Verbrechen aus Leidenschaft“ oder „Eifersuchtstragödien“. Bezeichnungen, die Taten auf Gefühligkeiten reduzieren.

Der Film geht an den Rand des Ertragbaren, denn hier wird ausgesprochen, was sonst zu oft verschwiegen wird: Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann, seine Partnerin oder Ex-Partnerin umzubringen. Jeden dritten Tag gelingt es ihm.

„Femizid – Wenn Männer Frauen töten“, 22.30 Uhr, ZDFinfo – und in der ZDF-Mediathek