berliner szenen: Penetrant, grün und mintig
Sieht es da oben bei Ihnen so aus, als würden die eine neue Kasse aufmachen?“, fragt mich eine Frau im Supermarkt. Sie trägt eine rosa Maske und sitzt in einem sportlichen Rollstuhl mit einem vorderen dritten Rad. Ich blicke über die Menschen und Einkaufswagen vor uns und sage: „Leider nicht.“
Sie nickt und reiht sich in die Schlange hinter mir ein, die inzwischen bis vor das Regal mit den Hygieneartikeln reicht. Ich denke, dass ich wieder zu langsam war. Ich hätte sie ja auch vorlassen können. Während sie hinten in der Reihe den Rollstuhl mit ihren Einkäufen auf dem Schoß rangiert, reißt sie mit dem Arm eine Flasche Mundspülung herunter. Die Flasche zerspringt, und eine grüne Flüssigkeit breitet sich auf den Fliesen aus.
Sie sieht auf die Bescherung und ruft mir zu: „Können Sie an der Kasse nach Küchenkrepp fragen? Die haben da doch immer was.“
Der Kassierer reicht die Rolle schon durch die Reihen und ich gebe sie hinter mir weiter. Als sie bei der Frau ankommt, fällt die Rolle herunter und entrollt sich den halben Gang entlang.
Eine junge Frau springt hinterher und rollt sie wieder auf, dabei reißt sie einen Karton mit Zahncreme herunter. Die Tuben fallen zum Teil in die grüne Pfütze. „Ach Gott“, ruft die junge Frau. Die Frau im Rollstuhl bückt sich und meint: „Also, wenn was schiefgeht, dann gleich richtig, kann ich Ihnen sagen.“
Ein Mann eilt ihr zu Hilfe, hebt den Karton auf und wischt mit ihr zusammen die grüne Flüssigkeit auf. Als er die grünen Küchentücher zusammenrafft, nehme ich trotz der Maske einen mintigen Geruch wahr. Er ist penetrant.
„Aber was Gutes hat es doch“, sagt da die Frau im Rollstuhl, „jetzt wissen wir, dass man das Mundwasser höchstens zum Fußbodenwischen benutzen kann, so wie das stinkt.“
Isobel Markus
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