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Deutschland debattiert weniger Macht für Facebook

Nach dem Ausfall von Onlineplattformen und den Vorwürfen einer Whistleblowerin: Koalition und Datenschützer wollen Konzern an die Kette legen

In Deutschland wird der Ruf nach einer Begrenzung der Marktmacht großer Internetplattformen lauter. „Der Ausfall mehrerer Facebook-Dienste am vergangenen Montag, aber auch die Äußerungen der ehemaligen Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen haben einmal mehr gezeigt, wie abhängig viele Menschen weltweit von diesen Diensten sind – sowohl technisch als auch inhaltlich und kommunikativ“, sagte die in der Bundesregierung auch für Medien zuständige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) am Mittwoch.

SPD-Chefin Saskia Esken forderte eine bessere Aufklärung über Digitalmedien in der Schule. Diese müsse „dringend Bestandteil schulischer ­Bildung sein“, sagte Esken dem Tagesspiegel.

Für mehr Regulierung plädierte auch Hamburgs Datenschutzbeauftragter Ulrich Kühn. „Die konsequente Durchsetzung der datenschutzrechtlichen Anforderungen in Europa wäre ein notwendiger erster Schritt“, sagte Kühn der Augsburger Allgemeinen. Seine Behörde ist für Facebook in Deutschland zuständig. Der Ausfall am Montag habe deutlich gemacht, wie sehr Facebook seine sozialen Netzwerke inzwischen verknüpft habe. „Dass alle großen Dienste – Face­book, Whatsapp und Instagram – zugleich betroffen waren, zeigt die enge Nähe dieser Produkte und deren immer größere Verschmelzung miteinander.“ Noch problematischer seien die Bestrebungen, „die Dienste auch inhaltlich zu verzahnen und Daten aus einem Dienst für den anderen zu nutzen“, sagte Kühn. Seine Behörde habe sich auf EU-Ebene nicht durchsetzen können, die Nutzung personenbezogener Whatsap-Daten für Face­book-Zwecke zu untersagen. Der Ausfall zeige auch, wie sehr Facebook in Europa aus den USA betrieben werde. „Die scheinbare Eigenständigkeit der europäischen Anbieter Facebook Ireland Ltd. und Whatsapp Ireland Ltd. besteht vor allem auf dem Papier.“

Zuvor hatte Facebook-Chef Mark Zucker­berg den Vorwurf zurückgewiesen, das Onlinenetzwerk stelle Profite über das Wohl seiner Nutzer. „Das ist einfach nicht wahr“, schrieb Zuckerberg in einer am Dienstag veröffentlichten Mail an die Mitarbeiter. Als Beispiel nannte er eine Änderung, mit der Facebook vor einigen Jahren anfing, Nutzern mehr Beiträge von Freunden und Familienmitgliedern statt viraler Videos zu zeigen. Es war das erste Mal, dass sich Zuckerberg ausführlich zu den Vorwürfen der Whistleblowerin und Enthüllungsberichten äußerte. Er verteidigte den Plan, eine Instagram-Version für Zehn- bis Zwölfjährige zu entwickeln. „Die Realität ist, dass junge Menschen Technologie nutzen.“ Statt dies zu ignorieren, sollten Tech-Unternehmen Dienste entwickeln, die ihre Bedürfnisse erfüllten und zugleich für eine sichere Umgebung sorgten.

Die einstige Facebook-Managerin Haugen hatte kurz zuvor bei einer Anhörung im US-Senat ausgesagt. Dort rief sie die Politik auf, das Online­netzwerk zu mehr Transparenz zu zwingen. (dpa)

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