Erneuerung von Forschung und Entwicklung: Neue Balance erwünscht

Der Gründungsdirektor der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SprinD) fordert eine Wende in der Innovationspolitik.

Schwarz-weiß-Aufnahme aus der Schaltzentrale eines Versuchsreaktors

Kernenergie soll eine große Rolle spielen – oder Außerirdische Foto: bonn-sequenz/imago

Innovatoren müssen mit ihrem Neuheitsprodukt zum richtigen Zeitpunkt am passenden Ort aufschlagen, damit’s ein Erfolg wird. Aus dieser Denke heraus hat Rafael Laguna de la Vera, der Gründungsdirektor der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SprinD), sein neues Buch just zur politischen Zäsur der Bundestagswahl vorgelegt. Aktuell sind die Regierungsbauer im Hauptstadt-Berlin für neue Ideen offen, wie das an vielen Stellen verkrustete Land („Schlaff, rot, gold“, titelt der Spiegel in dieser Woche) in Richtung Erneuerung umgesteuert werden kann. Eine Innovationswende liegt in der Luft.

Das Buch mit dem Titel „Sprunginnovation. Wie wir mit Wissenschaft und Technik die Welt wieder in Balance bekommen“, das Laguna zusammen mit dem Technikjournalisten Thomas Ramge verfasst hat, versteht sich als doppelter Impulsgeber. Zu einen als theoretische Fundierung des Think Tanks, der seit 2019 in Leipzig aufgebaut wird, und der im Moment durchaus in Gefahr steht, selbst Opfer der Verwaltungs-Sklerose zu werden. Wiederholt hat sich Laguna über Gängelung seiner Agentur durch die drei Bundesministerien für Forschung, Wirtschaft und Finanzen beschwert und mit Rücktritt gedroht.

Politisch wichtig wird die 240-Seiten-Schrift, wenn jetzt im Zuge der Koalitionsverhandlungen über die Neuordnung der Innovationslandschaft in Deutschland beraten wird. In sieben Kapiteln wird umrissen, worauf sowohl der individuelle Erfinder wie auch der Staat mit Förderinstrumenten und Ordnungsrahmen zu achten hat.

Zentral für die Politik ist der „unternehmerische Staat“, der mit Grundlagenforschung das „Saatbeet“ für Innovationen bereitet, sowie „Finanzsprung­innovationen“, an denen es in Deutschland mangelt. SprinD ist mit einer Milliarde Euro für zehn Jahre ausgestattet, was aber nur für wenige Startups ausreicht, um das finanzielle „Tal des Todes“ zwischen Forschungsprojekt und Beteiligungskapital zu überbrücken. Drittes politischen Anliegen ist die Stärkung von „Open Source, Open Data, Open Innovation“, was auch Lagunas Herkunft als Software-Unternehmer wiederspiegelt.

Rafael Laguna de la Vera, Thomas Ramge: „Sprunginnovation. Wie wir mit Wissenschaft und Technik die Welt wieder in Balance bekommen“, Econ Verlag, September 2021, 26 Euro,

Zwischen den programmatischen Teilen ist eine gut lesbare Tour d’Horizon durch die Innovationsgeschichte der Menschheit eingestreut, die nach Auffassung der Autoren nicht mit dem Feuer begann, sondern mit dem ersten Samenkorn, das von einem experimentierfreudigen Urbauern in der Jungsteinzeit gezielt in die Erde gebracht wurde, um so die Landwirtschaft zu erfinden.

Was die Zukunft angeht, strotzt das Werk vor Technik­optimismus und legt sich keine Fesseln an. So werde die Kernenergie, „ob wir es in Deutschland wollen oder nicht, in einer CO2-neutralen Energiezukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit eine wichtige Rolle spielen“, lautet eine Vorausschau. Überall, im Verkehr, in der Umwelt, in der künstlichen Intelligenz, werden technikoptimistische Zukunftsbilder gezeichnet, vielleicht zu viel des Guten. Bis hin zur ultimativen „Wildcard“: Ein „sehr gewagter Wunsch“ der Sprung-Autoren ist nämlich: „Kontaktaufnahme oder Besuch von Außerirdischen. Die könnten uns wirklich voranbringen.“ Beam me up, Scotty.

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