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: Um Studierende schert sich keine Partei

Man kann nicht gerade behaupten, dass Hochschulen in Deutschland derzeit Orte des Glücks seien. Studierende und Forschende sind zermürbt von drei zähen Online-Semestern. In seinem Jubiläumsjahr gibt das Bafög mehr Grund zum Schämen als zum Feiern, so geschrumpft ist die Zahl der Empfänger:innen. Die Mietkosten für Studierende sind im letzten Jahr weiter gestiegen und liegen im Schnitt jetzt bei über 500 Euro. Und Zehntausende Wis­sen­schaft­le­r:in­nen haben die Schnauze voll von Kettenverträgen und unsicheren Zukunftsperspektiven.

Im Bundestagswahlkampf hat man von alldem nichts vernommen. Nicht in den drei TV-Triellen der Kanz­ler­kan­di­da­t:in­nen Baerbock, Laschet und Scholz. Nicht im moderierten Vierkampf von FDP, Linkspartei, CSU und AfD, und auch nicht im jüngsten „Siebenkampf“. Zu #IchbinHanna und der Befristungsfalle Hochschuljob, zu den psychischen Belastungen isolierter Erstsemester oder der verschärften Mietsituation für Studierende in den Städten verlieren die Spit­zen­kan­di­da­t:in­nen kein Wort.

Es ist schon bemerkenswert, wie wenig sich die Parteien um Studierende und deren Anliegen scheren. Schließlich sind sie mit drei Millionen keine unerhebliche Wählergruppe. Dass der Großteil der Be­rufs­po­li­ti­ke­r:in­nen selbst studiert und deshalb eine biografische Nähe zu Hochschulthemen hat, ist jedenfalls nicht bemerkbar. Wenn man den Parteien Klientelismus vorwerfen kann, dann nicht bei ihrer Hochschulpolitik.

Das Desinteresse an Studierenden und Forschenden spiegeln auch die Wahlprogramme wider. Die meisten Versprechen bleiben so furchtbar vage, dass man als Be­trof­fe­ne:r wohl ausflippen möchte. Beispiel Bafög: Die Union möchte es „flexibilisieren“, die SPD „elternunabhängiger“ machen (was heißt das?). Beispiel Mieten: Da wollen die Grünen „eine Offensive für studentisches Wohnen“ starten, die SPD Wohnraum für Studierende „bezahlbar machen“ (na, wie denn?). Beispiel prekäre Unijobs: Da verspricht die Union, sich für „familienfreundliche Anstellungsmodelle“ einzusetzen. Die FDP fordert eine „Qualitäts­offensive für die Hochschullehre“. Und die Linkspartei möchte „mehr unbefristete Hochschulstellen“ schaffen (aber wie genau?)

An den Stellen, an denen es konkret wird, lesen sich die Wahlprogramme wie Wunschzettel mit einer Prise Populismus. So verspricht die Linkspartei komplett zulassungsfreie Studiengänge oder ein Mindesteinkommen von 1.200 Euro für Stu­die­ren­de. Die AfD wünscht sich die Abschlüsse Diplom und Magister zurück und möchte den Gender Studies den Geldhahn zudrehen. Die FDP verspricht, ehrenamtliches Engagement mit 200 Euro im Monat zu belohnen. Man muss kein Bildungsexperte sein, um zu wissen, dass keines der Versprechen je umgesetzt werden wird.

Wenn man etwas Positives finden möchte, dann dass bei den zentralen Problemen – Bafög, Mieten, etc. – der Handlungsbedarf unstrittig ist. Bei der Umsetzung aber drucksen die Parteien herum. Immerhin in diesem Punkt behandeln sie Studierende wie andere Wählergruppen. Ralf Pauli