Demokratie-TÜV gefordert

40.000 Mails sind bei Abgeordneten eingegangen, um eine Finanzierung der AfD-nahen Erasmus-Stiftung zu verhindern. Wie genau das jedoch geschehen soll, ist noch unklar

Die Ermittlungen gegen die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel im Zuge illegaler Parteispenden von einer Schweizer Pharmafirma sind eingestellt worden. Wie die Staatsanwaltschaft Konstanz mitteilte, gebe es keinen hinreichenden Tatverdacht für einen strafbaren Verstoß gegen das Parteiengesetz. Dafür müsse Weidel selbst an einer Aufstückelung der illegalen Spenden aus dem Jahre 2018 mitgewirkt haben, um deren Herkunft zu verschleiern, oder sich dazu mit dem Spender abgesprochen haben. Das war laut Staatsanwaltschaft nicht nachweisbar. (dpa, taz)

Von Gareth Joswig

40.000 Mails sind in den ersten zehn Tagen der Kampagne „Kein Geld für die AfD“ bei Po­li­ti­ke­r*in­nen und Abgeordneten eingegangen. In den Schrei­ben bitten die Bür­ge­r*in­nen, eine Förderung aus Steuergeldern für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung zu verhindern. Vor Kurzem sei der Server wegen Überlastung zusammengebrochen, heißt es von der Kampagne.

Die Botschaft dürfte trotzdem angekommen sein: Viele Menschen haben ein Problem damit, dass der AfD nach einem Wiedereinzug in den Bundestag eine Millionenförderung für ihre parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung zusteht – jedenfalls nach bisheriger Praxis. Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis hatte deswegen ein transparentes Stiftungsgesetz gefordert, das auch eine Art von Demokratie-TÜV enthalten und sicherstellen soll, dass kein Geld für politische Bildung in antidemokratische Strukturen fließt.

Bisher werden die Förderungen für parteinahe Stiftungen wie die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) oder die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD) vom Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossen – ohne klare Gesetzesgrundlage oder Kriterien für einen Bildungsauftrag, obwohl es immerhin um jährlich eine halbe Milliarde Euro geht. Ändert sich nichts, könnte die AfD-Stiftung pro Jahr zweistellige Millionenbeträge erhalten. Zum Vergleich: Durch die Parteienförderung bekam die AfD 2020 11,8 Millionen Euro.

Die schwarz-rote Bundesregierung hat es trotz Forderungen der Grünen, der Linken und der Zivilgesellschaft versäumt, ein Stiftungsgesetz zu forcieren. Spätestens nach der Bundestagswahl jedoch müsste das angegangen werden, wenn die Stiftung der ehemaligen CDUlerin Erika Steinbach keine Millionen erhalten soll.

Auch Konservativen bereitet das durchaus Sorgen: Der langjährige CDU-Abgeordnete und ehemalige Generalsekretär Ruprecht Polenz kennt die Stiftungschefin Steinbach noch aus der gemeinsamen Zeit in der CDU-Fraktion. „Steinbach selbst ist der typische Fall für die Vorfeldstrategie der Rechtsextremen“, sagte er der taz. Die Erasmus-Stiftung und die AfD-nahe Zeitung Junge Freiheit zähle er ebenso dazu.

„Die arbeiten planmäßig daran, die Grenzen zwischen Rechtsextremismus und Konservatismus zu verwischen“, so Polenz, „damit kein tiefer Graben dazwischen ist, sondern eine schiefe Ebene.“ Leute wie Steinbach wollten „die schiefe Ebene mit Seife einschmieren, damit der Diskurs abrutscht“, sagt Polenz. „Das Problem bekommt man nur durch harte Ausgrenzung in den Griff.“ Die Finanzierung der Stiftung gelte es um jeden Preis zu verhindern – laut Polenz notfalls in einem langen Rechtsstreit: „Jeder Tag, den die Stiftung kein Geld bekommt, ist ein gewonnener Tag.“

Martina Renner (Linke) sieht das ähnlich. „Die Stiftung wird sich um Einfluss im Bildungsbereich an Schulen und Unis bemühen, um dort Rassismus, Sexismus und andere Ungleichheitsideologien zu verbreiten“, so Renner. Die AfD sei keine normale demokratische Partei und das gelte auch für ihre Stiftung. „Deshalb muss eine Unterstützung mit Steuergeldern verhindert werden.“

Wie das konkret gelingen soll, ist allerdings umstritten. Ein von Volker Beck (Grüne) vorgeschlagenes Gesetz richtet den Demokratie-TÜV an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aus. Aber in der Linken gibt es die Befürchtung, dass bei einem Gesetz auf Basis der wissenschaftlich umstrittenen Extremismusdoktrin möglicherweise auch die Linken-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Die Linke würde lieber ein Gesetz auf Basis von Wilhelm Heitmeyers Definition der Ideologien der Ungleichwertigkeit stricken.

Konstantin Notz (Grüne) sagte der taz, dass seine Partei weiter auf ein Gesetz drängen werde: „Der Handlungsbedarf ist offenkundig und ein Gesetz überfällig. CDU/CSU und SPD haben diese Reform leider auf die lange Bank geschoben“, so Notz. In der nächsten Wahlperiode müssten die Bremser ihren Widerstand endlich aufgeben.