Rechtsextreme Anschlagsserie in Neukölln: Neonazis bald vor Gericht

Gegen die beiden Hauptverdächtigen der Neuköllner Anschlagsserie hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Weitere Indizien seien sichergestellt.

Berechtigte Forderung auf einem Neuköllner Demoplakat zum Gedenken an die Mordopfer von Hanau 2020 Foto: dpa

BERLIN dpa | Die beiden Hauptverdächtigen der rechtsextremen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln stehen vermutlich bald vor Gericht. Gegen die polizeibekannten Neonazis wurde von der Staatsanwaltschaft Anklage wegen schwerer Brandstiftung, Sachbeschädigungen und Bedrohungen erhoben, sagte Oberstaatsanwalt Dirk Feuerberg, zuständiger Leiter der Abteilung für Extremismus und Terrorismus der Generalstaatsanwaltschaft, der Berliner Morgenpost und dem Sender rbb. Einem der Männer wird zudem Betrug mit Sozialleistungen vorgeworfen. Über die Zulassung der nun erhobenen Anklage muss das erweiterte Schöffengericht des Berliner Amtsgerichts entscheiden.

Laut Anklage sollen die beiden Männer am 1. Februar 2018 die Brandanschläge auf das Auto eines Buchhändlers und den Wagen eines Linke-Kommunalpolitikers verübt haben. Der Vorwurf beruht auf mehreren Indizien.

Laut den Ermittlern sollen die Männer ihre Opfer vor den Anschlägen lange ausgespäht haben. Entsprechende Hinweise, etwa eine Suche bei Google Earth nach einem der Tatgrundstücke, seien auf Computern gefunden worden. Über weitere Indizien sagte Staatsanwalt Feuerberg, „es spricht vieles dafür, dass Herr T. sich wenige Stunden nach einer dieser Taten sehr intensiv mit der Medienberichterstattung darüber im Netz“ beschäftigt habe. Aus Sicht der Generalstaatsanwaltschaft spreche dies für eine Tatbeteiligung.

In der Wohnung eines Verdächtigen fand die Polizei laut Anklage bei einer Durchsuchung unmittelbar nach dem Anschlag eine Sturmhaube. Dies sei ein „klassisches Tatmittel“, sagte Feuerberg.

Seit Jahren im Fokus

Das Berliner Landeskriminalamt (LKA) rechnet der Anschlagsserie mehr als 70 Taten zwischen Juni 2016 und März 2019 zu, darunter mindestens 14 Brandstiftungen und 35 Sachbeschädigungen. Opfer waren Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagierten. Die beiden verdächtigen Männer waren seit Jahren im Fokus der Polizei. Für eine Anklage reichten die Indizien aber lange nicht.

Zwei vom Senat eingesetzte Sonderermittler hatten im Mai festgestellt, die Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die beiden Männer hätten in einigen Punkten besser laufen können. Allerdings seien Taten wie Brandanschläge auf Autos sehr schwierig aufzuklären, weil es oft weder Zeugen noch Spuren gebe.

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