: Premium-Radeln am Wall
Die Verbindung zwischen Herdentor und Ostertor wird Einbahnstraße. Auf einer Spur entsteht ein Radweg als Teil der neuen Premiumroute. FDP und SPD geht das zu schnell
Von Teresa Wolny
Die Vorteile einer Autobahn – schnelles Durchkommen und problemloses Überholen etwa – sollen in Bremen bald auch für Fahrräder gelten. Nachdem bereits in der Neustadt mit einem Ausbau der Fahrradwege begonnen wurde und sogar ein neues Fahrradquartier entstand, folgt nun die Innenstadt. Um diese soll ringförmig die sogenannte Fahrradpremiumroute entstehen. Sie ist Teil des Verkehrsentwicklungsplans Bremen 2025, der 2014 beschlossen wurde.
Die Straße Am Wall war dafür am Wochenende vorübergehend gesperrt, seit Montag ist sie nun eine Einbahnstraße. Parkplätze für Autos soll es aber weiterhin geben. Auf der frei werdenden Spur entsteht dann die erste „Protected Bike Lane“ Bremens. Der Unterschied zu einer regulären Fahrradstraße besteht darin, dass die Radler:innen auf diesen Straßen nicht nur durch Fahrbahnmarkierungen, sondern auch durch Poller oder andere Absperrungen geschützt werden.
„Auch Fahrräder mit Anhänger oder Lastenräder müssen dort problemlos überholt werden können“, erklärt Jens Tittmann, Sprecher der Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne). Zwar gibt es an der Straße an den Wallanlagen bereits einen Fahrradweg, dieser sei laut Tittmann wegen der Bäume und der Mitnutzung von Fußgänger:innen jedoch zu schmal.
Die aktuelle Baumaßnahme hängt auch mit dem Verkehrsversuch in der Martinistraße zusammen: Dort wird derzeit je eine Fahrbahn pro Richtung genutzt. Wie sich das unter realen Bedingungen auf den Verkehrsfluss auswirkt, möchte das Ressort nun wissen. Da klar ist, dass die Einbahnstraße Am Wall in jedem Fall kommt, wurde ihre Einrichtung nun vorgezogen. Eigentlich war die Maßnahme erst für nächstes Jahr geplant.
Der Bremer FDP-Fraktion geht das zu schnell. „Die Einzelhändler müssen bei diesen Dingen früher informiert werden“, sagt Thore Schäck, verkehrspolitischer Sprecher. Seine Fraktion hat deshalb einen Antrag für eine Aktuelle Stunde in der Bürgerschaft eingereicht, um unter anderem über den Beteiligungsprozess zu sprechen.
Dieser wurde laut Verkehrsressort im Sommer 2020 gestartet. Schäck zufolge habe man es dabei jedoch versäumt, über Alternativen zu diskutieren – etwa auch jene einer komplett autofreien Straße, zumindest sofern die Betroffenen dies befürwortet hätten. Am Wall habe man stattdessen Politik über die Köpfe der Menschen hinweg gemacht, kritisiert der FDP-Politiker.
Ob und wie genau die Betroffenen Am Wall über die Maßnahmen informiert wurden, kann die FDP nicht sagen. Auch das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) konnte dazu bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme abgeben.
Jens Tittmann, Verkehrsressort
Die SPD kritisiert den Prozess ebenfalls: „Wir bedauern, dass die Kommunikation der Verkehrsbehörde mit den Geschäftsleuten nicht ausreichend war, ganz unabhängig von der Beschlusslage“, so Falk Wagner, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD. Darüber hinaus müsse laut Wagner mehr Rücksicht auf Fußgänger:innen genommen werden; der Wall brauche mehr „Boulevard-Charakter“.
Generell hält die FDP die Einbahnstraße nicht für sinnvoll und verweist auf den bestehenden Fahrradweg und die leeren Kassen der Stadt. „Bevor man viel Geld für neue Wege ausgibt, sollten wir zuerst die in Stand setzen, die wir schon haben“, so Schäck.
Die geplante Premiumroute wird auch vom Bundesumweltministerium gefördert. Insgesamt 3,8 Millionen Euro wurden vom Bund eingeworben. Die Gesamtkosten für die Route, die als Ring einmal um die Innenstadt verlaufen soll, liegen bei rund fünf Millionen Euro. Für ihre Realisierung sollen nicht nur Straßen umgebaut werden, auch größere bauliche Veränderungen sind geplant: unter anderem eine Fahrradbrücke über die Weser und Unterführungen für ein schnelleres Durchkommen von Radler:innen.
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