: R2Gut?
Kurz vor der Wahl stellt sich die Frage:War Rot-Rot-Grün eine erfolgreiche Koalition? Sicher ist: Sie hat vieles angeschoben – und mehr geleistet als die SPD-CDU-Vorgängerregierung
Von Bert Schulz
Als im Dezember 2016 in Berlin die Koalition aus SPD, Grünen und Linken stand, fragten sich viele, auch in der taz: Wird es jetzt einen großen gesellschaftlichen und politischen Aufbruch geben? Ist Rot-Rot-Grün gar ein Projekt?
Vorangegangen waren fünf politisch dröge Jahre unter einer SPD-CDU-Koalition, deren gemeinschaftliches Handeln sich in der Hoffnung erschöpfte, dass der Pannenflughafen BER endlich fertig werden würde. Er wurde es bekanntlich erst unter der Nachfolgeregierung. Viele andere drängende Entwicklungen – das Wachstum der Stadt, die Folgen für Verkehr und Mieten – ignorierten Union und SPD lieber.
Rot-Rot-Grün hingegen schob vieles an, etwa beim Klimaschutz und in der Verkehrspolitik, traute sich liberale Reformen in der Innenpolitik, begann wieder, im großen Stil Wohnungen zu bauen und zu kaufen, setzte Schwerpunkte im kulturellen Bereich und traute sich sogar mit dem – letztlich vor Gericht gescheiterten – Mietendeckel auf gänzlich neues politisches Terrain vor.
Dennoch schwand die anfängliche Euphorie unter den Senatsmitgliedern recht rasch angesichts der Mühen der politischen Ebenen und der Erkenntnis, dass viele Vorhaben viel länger dauerten als erhofft und wohl auch erwartet. Schnell wurde klar: Für eine wirklich erfolgreiche Bilanz dieser Koalition würde es eine zweite Legislaturperiode brauchen.
Dazu kam Corona. Die Pandemie stellte auch Berlins Regierung vor nie gekannte Herausforderungen. Viele Senator*innen wuchsen angesichts dieser Aufgabe, allen voran der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD). Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) wurde aus der Nische ins Rampenlicht geschleudert, was ihrer Arbeit nicht unbedingt guttat: Zu vielen Initiativen musste sie von Senatskolleg*innen erst gedrängt werden, nicht immer wirkte sie der Aufgabe gewachsen.
SPD-Finanzsenator Matthias Kollatz, der während dieser Legislatur seinen anfänglichen Doppelnamen verlor, verhagelte die Pandemie seinen Plan, den hoch verschuldeten Landeshaushalt zu sanieren. Stattdessen musste er für die Coronahilfsprogramme neue Schulden in Rekordhöhe aufnehmen.
Und auch die Bilanz von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) lässt sich wohl erst dann abschließend bewerten, wenn die Folgen der Pandemie – in diesem Fall etwa auf die Insolvenzen von Unternehmen – wirklich zu überblicken sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen