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Nicht mal Englisch

Das Wahlbüro der Stadt Osnabrück hat seine Website runderneuert. Sie ist vorbildlich, hat aber ein Manko: Es gibt sie nur auf Deutsch. Die Grünen drängen auf Nachbesserung

Von Harff-Peter Schönherr

Wahlen können schwer zu verstehen sein. Wie viele Stimmen habe ich diesmal? Was, wenn ich die per Brief abgeben will? Und wie kann ich WahlhelferIn werden? Um Antworten auf solche Fragen zu finden, hilft meist ein Blick ins Netz. Das ist auch in Osnabrück so: „Hier können Sie sich informieren und Ihre Wahl vorbereiten“, verspricht das städtische Wahlbüro auf wahlen.osnabrueck.de. Diese Website ist erst wenige Monate alt und vorbildlich informativ, interaktive Stadtkarte inklusive, mit Luftbildmodus, Barrierefreiheitsstatus, Wahllokalfotos, Musterstimmzetteln.

Die Seite gendert, es gibt sie in Leichter Sprache. Wenn technisch alles gutgeht, wird über den Oldenburger Zweckverband Kommunale Datenverarbeitung, Niedersachsens größten kommunalen IT-Dienstleister, in Echtzeit jedes Einzelergebnis eingespielt. Es gibt nur ein Problem: Wer kein Deutsch kann, oder nicht ganz so gut, steht auf dem Schlauch. Mehrsprachigkeit ist nicht zu finden. Auch kein Englisch.

Jurek Milde, Vorstandssprecher der Osnabrücker Grünen, findet das schade. Letzten Samstag kam er an einem Wahlkampfstand mit spanischen Studierenden ins Gespräch. „Da ging’s drum, wo man sich offiziell über die Wahl informieren kann“, sagt Milde. „Und da erst fiel es uns auf: Was das Wahlbüro anbietet, setzt Deutschkenntnisse voraus. Das ist ein Problem.“

Die Grünen selbst bieten zumindest die Kurzfassung „10 Gründe für ein GRÜNES Osnabrück“ ihres über 90 Seiten langen, extrem bleiwüstigen Kommunalwahlprogramms in einem Dutzend Sprachen an, neben Englisch und Niederländisch auch in Spanisch und Arabisch, in Bulgarisch und Litauisch, sogar in Persisch. Über 9.000 ausländische EU-BürgerInnen seien am 12. September bei der Oberbürgermeister- und der Kommunalwahl wahlberechtigt, rechnet Milde vor. Gerade in Anbetracht der äußerst geringen Wahlbeteiligung in 2011 und 2016 sei „die Stadt hier in der Bringschuld, zumindest ein englischsprachiges Angebot zu machen“.

„Die Stadt ist in der Bringschuld, zumindest ein englischsprachiges Angebot zu machen“

Jurek Milde, Grüne Osnabrück

„Die Stadt Osnabrück präsentiert schon seit mehreren Jahren alle relevanten Informationen zu anstehenden Wahlen auf einer eigenen Homepage, die auch barrierefrei gestaltet und programmiert ist“, sagt Gerhard Meyering, Sprecher der Stadt Osnabrück, auf Anfrage der taz. „Ein wichtiger Punkt ist größtmögliche Transparenz.“ Leichte Sprache sei „auch dafür geeignet, Informationen für beispielsweise ausländische EU-Bürgerinnen und -Bürger mit geringen Deutschkenntnissen zugänglich zu machen“, erklärt Meyering. Der überwiegende Teil der wahlberechtigten EU-BürgerInnen verfüge „über mindestens einfache Kenntnisse der deutschen Sprache“. Eine Übersetzung der kompletten Website sei „kostenintensiv, da diese ausschließlich von zertifizierten Übersetzungsbüros rechtssicher übersetzt werden sollte“.

Aber die Stadt wehrt den Denkanstoß der Grünen nicht ab. „Wir nehmen den Hinweis gerne auf“, sagt Meyering, „und prüfen, ob eine Übersetzung zukünftig, auch vom Kosten-Nutzen-Faktor, sinnvoll umzusetzen ist.“ Wobei: Wo fängt man dann an, und wo endet man? Müssten dann nicht auch die Wahlbenachrichtigungskarten und Wahlzettel übersetzt werden?

Machte sich Osnabrück ans Übersetzen, würde es sogar Niedersachsens Landeshauptstadt überflügeln. Hannovers Sprecher Dennis Dix sagt über www.wahlen-hannover.de, wo ebenfalls nur Leichte Sprache zu finden ist und keine Fremdsprache: „Bei Fragen nach Basisinformationen in Englisch verweisen wir auf die Seite der Landeswahlleitung. Die Nachfrage danach beziehungsweise nach anderen Sprachen geht aber gegen null.“

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