RKI spricht von Beginn der vierten Welle

Die Corona-Inzidenz steigt. Nun ist bundesweit die Schwelle von 50 überschritten

Zuerst die gute Nachricht: Menschen mit vollem Impfschutz erkranken in Deutschland nur in vergleichsweise wenigen Fällen schwer an Corona – auch leichte Erkrankungen kommen deutlich seltener vor als bei Ungeimpften. Das zeigt eine neue Auswertung des Robert Koch-Instituts (RKI). Ein prägnantes Beispiel: Zuletzt lag der Anteil der Menschen mit vollem Impfschutz unter allen Corona-Intensivpatienten von 18 bis 59 Jahren bei 2,4 Prozent. Entsprechend stuft das RKI die Gesundheitsgefahr für Geimpfte als moderat ein.

Anders sieht es bei Ungeimpften aus – sie machten zuletzt den Großteil der Erkrankten und im Krankenhaus Behandelten aus. Und damit zur schlechten Nachricht: Die Zahl der Menschen, die sich innerhalb einer Woche nachweislich mit dem Coronavirus anstecken, steigt rasant. Sie hat sich seit Anfang August verdreifacht. Das RKI spricht vom Beginn der vierten Welle – nicht zuletzt wegen der ansteckenderen Delta-Variante. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg am Wochenende erstmals seit Mai wieder über 50 (Sonntag: 54,5).

Doch es gibt große regionale Unterschiede: Berlin war laut RKI mit 67,3 das Land mit dem zweithöchsten Wert. Andere große Flächenländer wie Baden-Württemberg (46,6) und Bayern (41,1) liegen unter dem Bundesschnitt. In Nordrhein-Westfalen ist der Wert beinahe auf 100 gestiegen. Damit liegt das bevölkerungsreichste Bundesland mit seinem hohen Infektionsgeschehen an der Spitze des Negativ-Rankings. Die Zahl der gemeldeten Fälle pro 100.000 Einwohner binnen 7 Tagen erreichte 99,2. Vor einer Woche hatte der Wert in dem Land bei 54,4 gelegen. Am vergangenen Dienstag endeten dort die Sommerferien.

„Auch 17 Monate nach Beginn der Pandemie fehlen an nicht wenigen Schulen grundlegende Dinge wie funktionierende Waschbecken“, bemängelt Ayla Çelik, Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW in NRW. Auch die Ausstattung mit Luftfiltern sei völlig unzureichend. Dass die schwarz-gelbe Landesregierung auf Präsenzunterricht setzt, „unabhängig von den Corona-Fallzahlen“, hält Çelik für den falschen Weg. „Das lehnen wir ab“, sagt sie und fordert „klare Regeln, wie wir bei stärkerem Infektionsgeschehen in den Schulen verfahren“.

Der Anstieg der Inzidenzen hat bundesweit bereits Folgen. So steigt die Zahl der Coronapatienten im Krankenhaus laut RKI wieder an, die meisten Fälle gibt es demnach in der Gruppe der 35- bis 59-Jährigen. Das Impftempo in Deutschland hat in den vergangenen Wochen deutlich nachgelassen. Bislang sind knapp 60 Prozent der deutschen Bevölkerung vollständig geimpft.

Trotz steigender Corona-Fallzahlen wird es in Deutschland nach Worten von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) keinen weiteren Lockdown geben. Offen blieb am Wochenende aber, ob diese Ankündigung nur für Geimpfte und Genesene gelten soll. Altmaier äußerte Verständnis für Restaurants, Theater oder Veranstalter, die Ungeimpften den Zutritt verweigern. Sie wollten eben so gut wie möglich verhindern, dass es bei ihnen zu Ansteckungen komme, wurde der CDU-Politiker zitiert. Auch Lambrecht kann sich nach eigenen Worten einen neuen Lockdown „nicht vorstellen“. (dpa, taz)