Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Länder drängen auf Testpflicht

Die Bundesregierung ist unter Druck, Reiserückkehrende zu Coronatests zu verpflichten. Wolfang Schäuble sieht kein Problem, Geimpfte zu bevorzugen. Die Inzidenz steigt.

Ein Wattestäbchen wird in die nase einer Person geschoben

Wann kommt denn nun die Testpflicht? Die Länder machen Druck Foto: dpa

RKI korrigiert Infektionszahlen. Inzidenz steigt auf 16,0

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen ist innerhalb eines Tages deutlich gestiegen und liegt nun bei 16,0. Wie das Robert-Koch-Institut am Donnerstag unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter mitteilte, wurden binnen 24 Stunden 3.142 Neuinfektionen sowie 21 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 registriert. Am Vortag betrug die Inzidenz noch 15. Vor einer Woche lag sie bei 12,2 und die Zahl der Neuansteckungen bei 1.890.

Die Sieben-Tage-Inzidenz ist ein wesentlicher Maßstab für die Verschärfung oder Lockerung von Corona-Auflagen. Sie gibt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche an. Am Donnerstagmorgen hatte das RKI zunächst falsche Infektionszahlen gemeldet. (afp)

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Bundesländer machen Druck bei Touri-Testpflicht

Die Bundesregierung gerät bei der geplanten Testpflicht für Rei­se­rück­keh­re­r:in­nen, die keinen Nachweis einer vollständigen Impfung oder Genesung haben, unter Zeitdruck. Er dränge sehr darauf, dass man es jetzt mache, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Mittwochabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“.

Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) sagte dem TV-Sender Phoenix, eine Entscheidung müsse möglichst schnell fallen und nicht erst Mitte oder Ende August. „Wir sollten das Thema zügig anpacken“, sagte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung (Donnerstag).

Söder hatte am Dienstag mit Blick auf eine erweiterte Testpflicht den 1. August als Datum genannt und sich auf eine Zusicherung des Bundes berufen. Die Bundesregierung ließ am Mittwoch aber den Starttermin noch offen.

Derzeit werde nach einem möglichst pragmatischen Weg für Tests etwa für die Rück­keh­re­r:in­nen aus dem Sommerurlaub gesucht, sagte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am Mittwochabend in der Gesprächsreihe „Brigitte live“. Brinkhaus machte deutlich, man werde nicht lückenlos jedes Auto an den Grenzübergängen anhalten und nach Test-, Impf- oder Genesungsnachweis fragen. „Da müssen wir einen Weg finden, wie das in der Praxis auch durchführbar ist.“

Re­gie­rungs­che­f:in­nen mehrerer Bundesländer unterstützen eine Testpflicht. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag): „Die Tests sind der zentrale Baustein, um das Infektionsgeschehen in der ungeimpften Bevölkerung einzudämmen.“ Deshalb sollten alle Rei­se­rück­keh­re­r:in­nen entweder einen negativen Test, einen Genesenen-Nachweis oder einen Impfnachweis vorlegen können.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte, aus dem vergangenen Jahr wisse man, dass Rei­se­rück­keh­re­r:in­nen viel zum Anstieg des Infektionsgeschehens beigetragen hätten. „Es ist ein kleiner Mehraufwand für jeden von uns, schafft aber viel Sicherheit“, sagte der CDU-Politiker dem RND. (dpa)

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Weiter Diskussion um Impfpflicht: Schäuble dagegen

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) beobachtet die sinkende Impfquote in Deutschland mit Bedrückung. „Ich kann die mangelnde Impfbereitschaft nicht nachvollziehen, das macht mich maßlos traurig“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung (Donnerstag). Zu Beginn des Jahres hätten die Menschen es nicht erwarten können, die rettende Spritze zu bekommen. „Und jetzt verzweifeln Hausärzte, weil Impfdosen massenhaft bei ihnen liegen bleiben.“ Dabei sei ein vollständiger Impfschutz für so viele Menschen wie möglich die einzige Chance, Corona in die Schranken zu weisen und die Freiheit zu sichern.

Je­de:r Einzelne solle sich stärker mit der Frage auseinandersetzen, welche Folgen eine Impfverweigerung für die Mitmenschen hätte, erklärte Schäuble. „Das sollte durchaus Thema im Freundes- und Bekanntenkreis sein, dass diejenigen, die nicht mitmachen, obwohl sie es könnten, ein schlechtes Gewissen bekommen. Ein gewisser gesellschaftlicher Druck wäre aus meiner Sicht nicht verkehrt.“ Zugleich brauche es noch mehr Alltagsangebote, überall dort, wo sich die Menschen ohnehin aufhielten. Jede kreative Idee, wie mehr Menschen geimpft werden können, sei willkommen.

Die Debatte über eine Impfpflicht gehe aber „in die falsche Richtung“, sagte Schäuble. Gleichwohl sehe er keine verfassungsrechtlichen Probleme für eine unterschiedliche Behandlung von Geimpften und Genesenen einerseits und Getesteten andererseits. Erstere könnten nicht dauerhaft allen Beschränkungen unterworfen werden, „die für Nichtgeimpfte gelten müssen, um die Pandemie zu bekämpfen“.

Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, fordert dagegen eine Impfpflicht für Mit­ar­bei­te­r:in­nen im Gesundheits- und Bildungssektor und die Wiedereinführung kostenpflichtiger Coronatests ab Anfang September. Zudem brachte er eine Kostenbeteiligung von Impfunwilligen an den Behandlungskosten einer Covid-19-Erkrankung ins Gespräch.

„In kritischen Berufen, insbesondere im Gesundheits- und Bildungssektor, sollte der Gesetzgeber eine Impfpflicht einführen, weil wir es hier mit schutzbedürftigen Personen zu tun haben“, sagt Hüther der Zeitung Rheinische Post (Donnerstagausgabe). Auch eine generelle Impfpflicht solle man nicht ausschließen, auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt -abgesehen von den genannten Berufsgruppen – kluge Anreize der bessere Weg seien. (rtr/epd)

Teil-Impfpflicht bei Google und Facebook

Die US-Internetkonzerne Google und Facebook haben für Mitarbeiter:innen, die nicht im Homeoffice arbeiten wollen, eine Impfpflicht verhängt. „Jeder, der zum Arbeiten auf unsere Campus kommt, muss geimpft sein“, erklärte Google-Firmenchef Sundar Pichai in einem Blog-Eintrag am Mittwoch. Ähnlich äußerte sich Facebook. Die Homeoffice-Regelung wird in beiden Unternehmen wegen der erneut steigenden Coronazahlen bis Oktober verlängert.

„Wir werden diese Regelung in den kommenden Wochen in den Vereinigten Staaten einführen und in den kommenden Monaten auf andere Regionen ausweiten“, erklärte Pichai. Die Bestimmungen sollen demnach aber an die jeweiligen Coronaregelungen der einzelnen Länder und die Verfügbarkeit von Impfstoff angepasst werden.

Google hatte seinen Mit­ar­bei­te­r:in­nen vergangenes Jahr schon früh die Möglichkeit eingeräumt, von zuhause aus zu arbeiten. Nun verlängerte das Unternehmen die Regelung bis 18. Oktober.

Auch Facebook werde „verlangen, dass jeder geimpft wird, der einen unserer Standorte in den USA besucht“, sagte Vizepräsidentin Lori Goler der Nachrichtenagentur AFP. Das Unternehmen plant, seine Büros im September mit einer Kapazität von 50 Prozent wiederzueröffnen. Ab Oktober soll wieder offiziell aus dem Büro gearbeitet werden.

Nach Angaben der US-Bundesbehörde EEOC, die für die Durchsetzung der Antidiskriminierungsgesetze am Arbeitsplatz zuständig ist, können Arbeitgeber von ihren Mit­ar­bei­te­r:in­nen den Nachweis einer Impfung gegen Covid-19 verlangen. Ausnahmen bilden medizinische oder religiöse Gründe.

Wegen der Ausbreitung der hochansteckenden Deltavariante des Coronavirus steigen die Fallzahlen vielerorts wieder, gleichzeitig stockt das Impftempo in den USA. Deshalb ist eine Debatte um die Impfpflicht entbrannt. Diese werde für die mehr als zwei Millionen Bundesangestellten des Landes „in Erwägung gezogen“, sagte Biden zuletzt. (afp)

Inzidenz als Leitwert: Spahn widerspricht Wiehler

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) widerspricht dem Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, in der Debatte um die Bedeutung der Inzidenz als Leitindikator in der Pandemie. „Mit steigender Impfrate verliert die Inzidenz an Aussagekraft“, sagte Spahn der Zeitung Bild (Donnerstagausgabe).

Daher, so Spahn weiter, brauche es „zwingend weitere Kennzahlen, um die Lage zu bewerten“, etwa die Zahl der neu aufgenommenen Covid-19-Patienten im Krankenhaus. Aber: Noch seien „bei Weitem nicht ausreichend Menschen in Deutschland geimpft, um ganz auf den Blick auf die Inzidenz verzichten zu können“. (rtr)

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